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Peacefull

Leonardo Iantorno

Wir haben die Chance und den Auftrag, Friedensstifter in einer Welt zu sein, die oft von Ungerechtigkeit, Krieg und Misstrauen regiert wird. Wie Josef Frieden erlebt hat und was das mit unserer Realität zu tun haben könnte, davon schreibt Leonardo Iantorno.

Familiengeschichten in der Bibel sind oft dramatisch. So auch die Geschichte von Josef. Er ist einer von zwölf Brüdern und er ist Daddys kleiner Liebling. Er wird verwöhnt und bekommt ein prächtiges Gewand, das ihn selbst und seine ganze Familie täglich daran erinnert. Seine Brüder hassen Josef dafür und als er ihnen dann von einem Traum erzählt, in dem sie sich vor ihm verbeugen, platzt ihnen endgültig der Kragen. Zuerst wollen sie ihn ermorden, entscheiden sich dann aber dafür, ihn als Sklaven nach Ägypten zu verkaufen. Josef durchlebt in Ägypten eine Achterbahnfahrt. Er ist erst mal Sklave, macht dann Karriere als Verwalter, wird zum Opfer einer verschmähten Frau und landet schließlich im Gefängnis, bevor er zum Pharao an den Königshof kommt und zum wichtigsten Mann in Ägypten wird. Eine krasse Geschichte mit vielen spannenden Wendungen. Und plötzlich stehen mitten in einer großen Hungersnot seine Brüder vor ihm, um Getreide zu kaufen. Sie erkennen ihren Bruder nicht, Josef hingegen weiß sofort, wer sie sind. Er lässt sie erst mal zappeln, beschuldigt sie Spione zu sein und sperrt sie sogar ein paar Tage ein, bevor er sich dann endlich zu erkennen gibt.

Habt keine Angst!

Das Wiedersehen mit seinen Brüdern berührt Josef emotional. Mehr als einmal bricht er in Tränen aus. Zugegeben, Josef ist nicht von Anfang an auf Frieden aus. Doch dann überkommt ihn die Freude: „Er rief sie näher zu sich und wiederholte: ‚Ich bin Josef, euer Bruder, den ihr nach Ägypten verkauft habt! Erschreckt nicht und macht euch keine Vorwürfe deswegen. Gott hat mich vor euch her nach Ägypten gesandt, um viele Menschen am Leben zu erhalten.‘“ (1. Mose 45,4-5) Er setzt sich für seine Familie ein, damit sie nicht mehr Hunger leiden muss. Er versöhnt sich mit seinen Brüdern, die ihn verkauft hatten. Eine zerrissene Familie findet Frieden. Diese Geschichte zeigt uns, wie mächtig Frieden ist, wo wir ihn erleben und mit anderen teilen. Josef ist bereit, auf sein Recht zu verzichten und Friedensstifter zu sein. Damit ist Versöhnung überhaupt erst möglich und er gewinnt seine Familie zurück.

Schalom – Gottes Leidenschaft

Gott hat die Welt im friedvollen Miteinander geschaffen: Gott mit den Menschen, die Menschen mit Gott, die Schöpfung mit Gott, der Mensch mit der Schöpfung. Bis dieser Frieden gestört wird, nicht durch Krieg, sondern durch Misstrauen. Aus dem Paradies des Friedens wird ein Durcheinander aus gestörten Beziehungen, Streit, Neid, Mord und Totschlag. Aber Gott gibt nicht auf und setzt sich unermüdlich für Frieden ein. Dafür geht er weite Wege und schließlich schickt er uns mit Jesus den ultimativen Friedensbringer, den er Jahrhunderte vorher schon angekündigt hat. Jesus bekommt bereits im Alten Testament den ‚Spitznamen‘ Friedensfürst (Jesaja 9, 5), weil er Frieden bringen und das Chaos zwischen Gott und Menschen und auch unter den Menschen wieder in Ordnung bringen soll. Dieser Frieden ist dauerhaft und seine Herrschaft ist keine Schreckensherrschaft, sondern gerecht. Das hebräische Wort „Shalom“ meint dabei mehr als nur die Abwesenheit von Krieg. Es geht um inneren und äußeren Frieden, geklärte Beziehungen, Geborgenheit und erfülltes Leben. Frieden ist für Gott keine Nebensache, sondern das große Ziel. Er verspricht, dass er für uns kämpfen, sich um uns sorgen und uns führen wird. Danach schmeckt das Reich Gottes.

Rechthaber vs. Friedensstifter

Ein erschreckendes Beispiel für die zerstörerische Kraft von Unfrieden, war für mich die US-Präsidentenwahl im vergangenen Monat. Die abgrenzende, verurteilende und rechthaberische Art und Weise, wie die beiden Lager miteinander umgingen, hat ein ganzes Land aufgestachelt, Aggressionen und sogar Hass unter den Menschen geschürt. Es ging darum, zu gewinnen und den anderen klein zu halten. „Die Früchte, die vor Gott bestehen können, wachsen dort, wo Friedensstifter eine Saat des Friedens säen.“ (Jakobus 3,18) Rechthaberei macht unbarmherzig, verschließt das eigene Herz für andere, zerstört Beziehungen und macht einsam. Kurz gesagt: ein Rechthaber ist das Gegenteil eines Friedensstifters. Denn wo Eifersucht und Selbstsucht herrschen, kann sich das Böse ungehindert ausbreiten. Frieden bedeutet nicht, dass wir in einer Blase der falschen Freundlichkeit miteinander leben. Auf unnachahmliche Art und Weise strebt Jesus nach Frieden, ohne dabei langweilig oder gleichgeschaltet zu sein. Er legt sich nicht mit jemandem an, um einen Streit zu gewinnen oder sich selbst darzustellen. Seine Motivation ist es, die Welt mit Gott zu versöhnen und weil er sein Werk schließlich auch vollendet, sind wir vom Stress befreit, immer gewinnen und Recht haben zu müssen.

Dem Frieden nachjagen

Meine Familiengeschichte ist zum Glück nicht so dramatisch, wie die von Josef. Und trotzdem kenne ich Unfrieden nur zu gut. Wenn ich mit meiner Frau streite, will ich unbedingt Recht behalten, bin ich auch mal unbarmherzig und es erschreckt mich, wie gnadenlos ich manchmal sein kann. Mich zu überwinden und mich auf meine Frau und ihre Sichtweise einzulassen, fordert mich heraus, aber so kann Frieden entstehen. Streit, Unfrieden oder Krieg zerstören Beziehungen und niemand gewinnt, wo wir nur unseren eigenen Vorteil vor Augen haben. Frieden ist ein Gemeinschaftsprojekt. Paulus ermutigt dazu, dass wir uns mit aller Kraft für Frieden einsetzen sollen: „So weit es möglich ist und auf euch ankommt, lebt mit allen in Frieden.“ (Römer 12,18) oder wie es in der Jahreslosung von 2019 heißt: „Suche Frieden und jage ihm nach!“ (Psalm 34,15 b). Ich will den Frieden, den Jesus mir schenkt, nicht für mich behalten, sondern mit meinem Umfeld teilen. Ob ich ein Friedensstifter sein werde, ist immer auch (m)eine freie Entscheidung.