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Mareike Weber in Äthiopien: Die Missionarin

Kerstin Hack

„Mein Highlight der Woche – ganz klar: Der Nobelpreis für Dr. Abiy!“ Mareike lebt schon seit über zwei Jahren in Äthiopien. Lange genug, dass sie sich gut verständigen kann und die Freude der Äthiopier zu ihrer eigenen Freude geworden ist. Wie etwa der Jubel darüber, dass der Premierminister Dr. Abiy Ahmad, den sie wie alle Äthiopier nur liebevoll Dr. Abiy nennt, für seine Anstrengungen und Erfolge für Frieden und Demokratie mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde.

Kreative Gestalterin

Sie arbeitet als einzige Ausländerin mit Äthiopiern in einem Team, das Mitarbeiter im Kinder- und Jugendbereich trainiert. Dort ist sie für Kreativität zuständig. Dazu gehört zum einen die kreative Gestaltung von Kinder- und Jugendevents. Aber vor allem auch, die Äthiopier selbst zu schulen, außerhalb des Rahmens zu denken, selbst nach Lösungen zu suchen und sie nicht von außen zu erwarten. Der äthiopische Gründer des Zentrums hat dieses sich selbst blockierende Denken als „Wir sitzen auf unseren eigenen Köpfen“ beschrieben. Mareike hat das in einem eindrücklichen Bild dargestellt, das Teil einer von ihr gestalteten Galerie ist, die Probleme, aber auch die Lösungen aufzeigt. Dort sieht man unter anderem ein Kind, das gefangen ist – von Worten wie den typisch äthiopischen Sprichwörtern „Kinder und Schuhe gehören unters Bett“. Später in der Galerie sieht man helle Wolken mit wertschätzenden Worten, die die Schlüssel sind, um die Kinder und Jugendlichen zu fördern, die immerhin gut 50 Prozent der Bevölkerung ausmachen.

Die Kinder prägen

„Die Kinder sind die Zukunft des Landes. Wir müssen sie jetzt prägen.“ Da sind sich Mareike und die anderen Mitglieder des Teams einig. Sie trainieren Lehrer und andere pädagogische Kräfte, bieten Sommercamps an und führen in Regionen, in denen die Bevölkerung Trauma wie zum Beispiel Massenvergewaltigungen erlitten hat, Schulungen durch. Das äthiopische Team von Trainern, zu denen Mareike gehört, kämpft mit den Begrenzungen in den Köpfen. Bei vielen Äthiopiern ist kein Bewusstsein dafür vorhanden, dass Investition in Kinder wichtig ist. Auch in den meisten christlichen Gemeinden ist so etwas wie Kindergottesdienst praktisch unbekannt.

Grosse Herausforderungen

Und sie kämpfen mit den ganz praktischen Herausforderungen. Das Geld reicht oft kaum, um Mitarbeiter und Materialien zu bezahlen oder aktuell Steuern, die rückwirkend für 15 Jahre erhoben wurden. Keiner weiß bei dem schmalen Budget, wie das bewältigt werden soll. Um in das Zentrum zu kommen, das etwa eine Stunde außerhalb von Addis Abeba liegt, quetschen sich alle in einen Bus, der schon bessere Zeiten gesehen hat. Im Zentrum selbst gibt es seit Monaten kein fließendes Wasser, alles Wasser fürs Kochen, Händewaschen und die Toilettennutzung muss angeschleppt werden. Bei Unruhen im Land wird das Internet abgeschaltet – monatelang. Es gibt auch Zeiten, in denen es nur ein paar Stunden am Tag Strom gibt. Man sitzt wortwörtlich im Dunkeln – was besonders in der Regenzeit trübe und düster ist. Wenn man versäumt, sein Handy aufzuladen, kann man nicht mehr kommunizieren. Doch das gehört zu den Opfern, die man als Missionarin in einem der ärmsten Länder der Welt bringen muss. Genauso wie die Einsamkeit, die man als einzige Ferenchi (Ausländerin) in einem äthiopischen Team spürt oder die anstrengende Bürokratie. Das Jahreseinkommen pro Kopf liegt bei unter 800 Dollar. Ein Fahrer verdient nur etwa 4000 Birr – 150 Euro im Monat. Viele Menschen leben in Wellblechhütten ohne Strom oder Wasseranschluss.

Kraft schöpfen

Doch Mareike weiß, wie sie Kraft schöpfen kann – auf der Terrasse eines Hotels mit Weitblick über die Millionenstadt, durch Kunst und Gestaltung: „Gelb ist die Farbe dieses Lebens-Jahrzehnts“ – oder beim Bummeln über den Ledermarkt. Und im Gespräch mit ihrem Gott. Die Not treibt alle ins Gebet. Mareike ist eine Frau, die es liebt, Gott Dinge anzuvertrauen. Eine Wand ihrer Wohnung ist gepflastert mit Bibelversen, Lobpreis Gottes und Gebetsanliegen – vom Geld fürs Zentrum bis hin zum Wunsch, eine Augenlaser-OP für ihre stark kurzsichtigen Augen zu erhalten. Manchmal ist Mareike entmutigt, wenn sie die riesigen Herausforderungen und die großen Nöte sieht und das scheinbar zu wenige an Personal und Ressourcen. Doch zu anderen Zeiten strahlt sie, wenn sie von dem erzählt, wie Gott ihre Gebete erhört. Dass sie eine deutsche Freundin und eine geistliche Heimat in Addis gefunden hat. Dass ich gekommen bin, um dem Team extrem benötigtes Training in Stress- und Traumabewältigung zu geben. Oder eben ganz aktuell: der großen Freude darüber, dass Dr. Abiy den Friedensnobelpreis bekommen hat.

 

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