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Essen wie Luther

Nathanael Ullmann

Fünfmal im Jahr treffen sich in der Sulinger Kirchengemeinde Männer, um gemeinsam zu kochen – mal klassisch, mal nach Rezepten von vor 500 Jahren. Christian Jost hat die Gruppe ins Leben gerufen.

 

Herr Jost, wie kam es zum Männerkochen?

Christian Jost: Ich leite seit zehn Jahren Familienfreizeiten in unserer Kirchengemeinde. Wir Männer saßen auf einer dieser Freizeiten abends zusammen und dachten uns: Die Frauen treffen sich regelmäßig, aber für uns Männer gibt es nichts. Also haben wir angefangen, gemeinsam in der Küche unseres Gemeindezentrums zu kochen. Begonnen haben wir mit fünf oder sechs Männern, mittlerweile sind immer so um die 20 da.

20? Kann man da noch vernünftig arbeiten?

Das ist ganz einfach: Zwei Männer sind immer Chef de Cuisine und suchen die Rezepte raus – und zwar so, dass zwei oder drei Teilnehmer zusammen einen Teil des Menüs vorbereiten können. Die einen machen das Fleisch, die anderen den Teig usw. …

Warum gerade Kochen?

Weil es verbindet. Bei der Freizeit damals haben wir uns gefragt: Was machen wir alle? Der eine joggt, der andere spielt Fußball. Aber die Freude am Kochen war das, was alle gemeinsam hatten.

Was war das Außergewöhnlichste, was Sie kreiert haben?

2017 haben wir ein Lutherdinner veranstaltet und 80 Leute aus der Gemeinde bekocht. Wir haben Gerichte zubereitet wie vor 500 Jahren. Wir haben sogar das Bier besorgt, das Luther getrunken haben soll.

Und was hat Luther so gegessen?

Erbsenbrei. Das sind pürierte Erbsen mit verschiedensten Gewürzen. Was es nicht gab, waren Kartoffeln, dafür Reis und Nudeln. Und natürlich wurde viel Fleisch gegessen, wenn man das nötige Geld hatte.

Bei Ihren regulären Treffen gibt es auch eine Andacht.

Genau, zwischendrin. Zuerst werden die Rezepte verteilt. Und wenn wir eine Stunde am Kochen sind, hole ich alle zusammen. Wir lesen aus dem Andachtsbuch „M wie Männer“.

Mittendrin eine Andacht, passt das?

Auf jeden Fall. Es wird dann immer richtig ruhig. Beim Kochen im Anschluss wird in den einzelnen Gruppen oft über das Andachtsthema gesprochen.

Haben Sie einen Tipp für Menschen, die auch ein Männerkochen veranstalten wollen?

Das Wichtigste ist eine gut ausgestattete Küche. In unserer Küche im Gemeindezentrum konnte man anfangs zwar Essen mitbringen und auf Teller legen, aber nicht wirklich kochen. Die ersten Male habe ich meine halbe Küche ausgeräumt, alle Messer und Töpfe. Da war es eine Herausforderung, auch alles wieder mit nach Hause und an den richtigen Platz in der Küche zu bringen. Irgendwann haben wir im Gemeindevorstand entschieden, die Küche richtig auszustatten. Aber prinzipiell gilt: Einfach loslegen!

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Zurück zu den Wurzeln

Nathanael Ullmann

Thomas Sackmann (45) hat den Wald für sich entdeckt. Als zertifizierter Waldbademeister unternimmt er mit Interessierten Ausflüge in die Natur. Stets mit im Rucksack: der Glaube.

 

Ich muss gestehen: Als ich das erste Mal das Wort „Waldbaden“ gehört habe, dachte ich an Planschen im Weiher.

Tatsächlich denkt man bei dem Wort zuerst an Badehose und Bikini und ab in den Wald. Das ging mir auch so. Eigentlich ist es aber eine Übersetzung des japanischen Ausdrucks „Shinrin Yoku“.

Was genau passiert beim Waldbaden?

Es geht um ungezwungenes In-den-Wald-Gehen. Wenn Männer in die Natur gehen, dann geht es oft um Ziele, um Kondition, darum, Strecke zu machen. Waldbaden hat nur einen Sinn: zu entschleunigen, achtsam sich selber wahrzunehmen und in die Atmosphäre des Waldes einzutauchen.

Was begeistert dich daran?

Ich bin durch eigene Erfahrungen auf das Waldbaden gekommen. 2016 hatte ich selber eine Krisenzeit. Ich war für 16 Wochen krankgeschrieben. In der Zeit war ich oft alleine im Wald unterwegs. Jedes Mal bin ich ruhiger und sortierter zurückgekommen. Aber es ist auch wissenschaftlich erwiesen, dass Waldbaden die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol verringert, die Krebsabwehr unterstützt, das Immunsystem stärkt und den Blutdruck senkt.

Um die Natur zu erleben, braucht es da wirklich einen Waldbademeister?

Sicher kann man auch alleine in den Wald gehen. Aber der moderne Mensch hat sich von der Natur entfremdet. Es gab jetzt eine Studie, dass die Millennials so gut wie nicht mehr draußen sind. Da kann man Hilfe geben.

In Videos zum Waldbaden sieht man Menschen, die an Blättern riechen und Bäume umarmen …

Das ist der Klassiker, den die Leute mich fragen: Muss ich jetzt Bäume umarmen? Das muss man nicht, aber man kann es machen. Eine Buche hat zum Beispiel eine ganz kalte Rinde, die Eiche ist warm. Und wenn wir an irgendetwas im Wald riechen, kommen vielleicht plötzlich Erinnerungen wieder.

Du willst das Waldbaden mit christlichen Inhalten füllen, richtig?

Richtig. Als Theologe möchte ich mir das Thema nicht von Esoterikern aus der Hand nehmen lassen. In der Natur gibt es ganz viele biblische Bezüge. Es gibt Geschichten in der Bibel, wo Gott den Menschen durch die Natur und in der Natur begegnet ist. Auch durch die Schöpfung kann ich Gott erfahren.

Wie beschreiben die Teilnehmer das Erlebnis?

Als ungewohnte Erfahrung. Bei allen ist spürbar, dass sie runterkommen. Anfangs sagen die Teilnehmer zum Beispiel, dass sie gestresst, traurig oder frustriert sind. Am Ende hat sich das ins Positive verkehrt, ohne dass man viel gemacht hat.

 

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Wertvolle Freundschaft

Von Ingrid Jope

Manchmal kostet es mich einiges an Überwindung. Wenn an einem Abend mal keine Behördenpost zur Erledigung ansteht, mir kein Abgabetermin im Nacken sitzt, kein Elternabend stattfindet und auch kein Treffen in der Gemeinde, wenn keines der Kinder Fieber hat oder Husten oder Albträume oder einfach nur Einschlafschwierigkeiten, kein wichtiges Telefonat Aufmerksamkeit fordert – dann lasse ich beim feierabendlichen Zusammensinken auf unseren Polstermöbeln gern mal die aufschiebbare Arbeit Arbeit sein. Bei Wäschebergen und Nadel-und-Faden-Reparaturen besteht schließlich keine akute Fluchtgefahr.

Dann widerstehe ich der Versuchung namens Fernbedienung und greife stattdessen zu einem der vielen Bücher auf meinem Stapel. Gute Lektüre hilft mir, aus dem Alltag auszusteigen, mal auf andere Gedanken zu kommen. Sie inspiriert mich mehr als das Allermeiste, was aus der Kiste flimmert. Zum Besten gehört für mich gelebtes Leben zwischen zwei Buchdecken.

Zwei davon haben mich in den vergangenen Monaten bereichert: Die Biografie von William Wilberforce und die von John Newton, beides Engländer. Newton hat einen echten Vom-Saulus-zum-Paulus-Lebenslauf: Zunächst brutaler Sklavenkapitän, später Pfarrer und passionierter Prediger der Gnade Gottes. Er war nicht nur der Verfasser des weltweit bekanntesten Chorals „Amazing Grace“, sondern auch Mentor und Wachstumshelfer für Schlüsselpersonen seiner Zeit in Kirche und Politik. William Wilberforce war kein Prediger, sondern schnöder Politiker. Mehr als zwei Jahrzehnte lang setzte er sich im britischen Unterhaus für die Abschaffung von Sklavenhandel und Sklaverei ein. Er verwirklichte damit auf politischer Ebene, wovon Newton so leidenschaftlich predigte. Wilberforce kämpfte unermüdlich dafür, das Herzensanliegen seines Freundes in praktische Gesetze und tatsächliches Handeln zu übersetzen. Newton wiederum war ein entscheidender Mentor und unerlässliche Inspirationsquelle für seinen jüngeren Freund. Ohne ihn hätte es Wilberforce‘ Lebenswerk nicht gegeben. So unterschiedlich die Betätigungsfelder der beiden Männer waren, ihre Freundschaft zueinander stärkte ihre jeweilige Lebensberufung. Ohne den einen hätte es die Leistung des jeweils anderen nicht gegeben. An diesem Punkt hat ihr Leben viel mit mir zu tun.

Gute Freundinnen helfen mir, meine Berufung zu entdecken, zu entfalten und nachzujustieren, wenn der Alltag mir das Ruder aus der Hand gerissen hat. Bücher selbst können in gewissem Maß solche Freunde sein. Aber es braucht auch Exemplare aus Fleisch und Blut. Die Freundin, die ich anrufen kann, wenn mir das Wasser bis zum Halse steht. Die mir zuhört und gute Fragen stellt, mir Gedankenblitze schenkt, mich begleitet, für mich betet, die mir hilft, meinen Lebensmarathon nicht mittendrin aufzugeben. Freundinnen helfen einander, das ureigene Leben zu leben, das Gott sich gedacht hat, als er sie geschaffen hat. So knapp bemessen die Zeit auch ist – es lohnt sich immer, eine oder wenige solcher Freundschaften zu pflegen. Das Problem der Langeweile hatten Wilberforce und Newton garantiert nicht, aber sie wussten um den Wert von tiefgehenden Beziehungen.

Dieser Artikel erschien im Magazin Family. Jetzt kostenlos testen: www.family.de