Beiträge

Einheit im Lobpreis

Daniel Harter

Wie kann es gelingen alle Generationen in eine Tiefe der Anbetung zu führen?

Vor Kurzem habe ich bei einer Konferenz eine Umfrage unter 100 Pastoren durchgeführt und sie gefragt, wie sie die Anbetungszeiten in ihrer Gemeinde einschätzen. Dabei stellte sich heraus, dass fast 80 Prozent der Befragten ihre Lobpreisarbeit als „spannungsreich“ und oftmals mühsam beschrieben. In vielen Gemeinden führt das unterschiedliche Verständnis von Lobpreis, die verschiedenen Musikgeschmäcker und schlichtweg das sehr unterschiedliche Liedgut dazu, dass Anbetung nicht zu einer tieferen Einheit führt, sondern oftmals zu einem Streitpunkt wird. Das Resultat ist häufig ein „Lobpreis-Block“, in dem man versucht, aus jeder Generation ein Lied zu integrieren, um es allen recht zu machen und dabei am Ende alle verliert.

Aber eigentlich sollte Anbetung doch dazu dienen, dass die Einheit wächst. Denn worin wir uns in unserer Unterschiedlichkeit einig sein müssten, ist die Tatsache, dass Gott Lob und Anbetung verdient, egal, wie alt wir sind, was unser Hintergrund ist und welche Lieder wir dabei singen. Doch wie können wir dazu beitragen, dass in unserer Gemeinde die Generationen im Lobpreis zusammenfinden?

Das Herz der Anbetung

Was am schnellsten zu einer tieferen Einheit führt ist ein besseres Verständnis davon, was Anbetung eigentlich ist. Deshalb ist es wichtig, dass ihr regelmäßig darüber lehrt und euch zum Beispiel in der Anmoderation der Lobpreiszeit Zeit nehmt zu erklären, was das Herz von Anbetung ist. Es geht hier nicht um Lieblingslieder, die wir singen, sondern darum, Jesus in den Mittelpunkt zu stellen, ihm zu danken, ihn zu verehren und unseren Blick von uns weg auf Gott zu richten. Dabei ist die Musik erst einmal zweitrangig und soll am Ende ja nur ein Hilfsmittel sein, um Gebete gemeinsam zu singen und unser Lob zum Ausdruck zu bringen.

Ansteckende Leidenschaft

Ich habe die Erfahrung ge-macht: Da, wo die Leidenschaft fehlt und die Liebe für Jesus nicht im Mittelpunkt steht, immer da streitet man sich über Musik und Nebensächlichkeiten. Aber dort, wo es uns gelingt, mit unserer Leidenschaft für Jesus andere anzustecken und sie in die Gegenwart Gottes zu führen, da führt Anbetung zur Einheit.

Gemeinsames Liedgut

Am Ende sind es aber manchmal auch ganz praktische Dinge, die uns dabei helfen können, Einheit zu fördern. Das können altersmäßig gemischte Musikteams sein, ein Musikstil, der der Mehrheit entspricht oder schlicht ein gemeinsames Liedgut. Das passiert nicht von heute auf morgen, aber wenn du anfängst, strategisch einen Liederpool zu entwickeln, der dem Herzen
deiner Gemeinde entspricht, dann wirst du merken, wie immer mehr Leute mitsingen werden und eure Anbetungszeiten an Tiefe gewinnen.

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Alt, weiß, männlich

Judith Eggers

Woher kommt mein Gottesbild?

Voriges Jahr saß ich in einem Gottesdienst. Mitten in der Predigt zeigte der Prediger „Die Erschaffung Adams“ von Michelangelo an der Wand: ein Bild von Gott, mit weißem Bart, der seinen Arm Adam entgegenstreckt, der ihm nackt gegenüberliegt. Dabei sagte der Prediger: „Denken wir nicht alle beim Stichwort ‚Gott‘ an dieses Bild – einen älteren, weißen Mann mit Rauschebart?“ Um mich herum schüttelten einige die Köpfe. Ich dachte nur: „Nee, ich nicht. Das ist doch ein Klischee.“ Der Prediger sprach weiter: „Ob ihr die Frage gerade mit Ja oder Nein beantwortet habt – ich glaube, keiner von euch stellt sich Gott SO vor.“ Erneut wurde ein Bild an die Wand geworfen. Es war im Grund das gleiche wie vorher: rechts Gott, links ein Mensch, beide mit ausgestrecktem Arm. Es gab jedoch entscheidende Unterschiede: Gott war schwarz. Und eine Frau. Und sie reichte ihre Finger nicht dem weißen Adam – sondern Eva, die ebenfalls schwarz war. Ich stockte. Okay, Punkt für den Prediger. Als schwarze Frau, wie hier im Bild von Harmonia Rosales, hatte ich mir Gott wirklich nicht vorgestellt. Und das, obwohl Männlichkeit und Weiß-Sein keine Eigenschaften Gottes sind, von denen die Bibel explizit berichten würde. Rein intellektuell war mir das auch bewusst. Und dennoch: Die Vorstellung vom weißen Mann hatte sich hartnäckig gehalten. Woher kam dieses Bild?

EIN BILD ENTSTEHT

Dass wir uns Gott auf eine bestimmte Art und Weise vorstellen, ist normal. Tragisch wird es, wenn ein Bild entsteht, das schädigt, ausgrenzt oder zum einzig legitimen deklariert wird. Darum ist es wichtig, Gottesbilder zu hinterfragen, die uns begegnen, angefangen bei dem eigenen. Denn unser Gottesbild ist nichts, womit wir geboren werden: Es wird uns von Kindesbeinen an eingeprägt. Alles, was wir über Gott hören und sehen, spielt dabei eine Rolle, sowohl bei denen, die in einem christlichen Elternhaus aufwachsen, als auch bei denen, in deren Zuhause Gott nicht ausdrücklich thematisiert wird. Ein erster Faktor, der unser Gottesbild prägt, ist Sprache. Zum Beispiel ist „der Gott“ im Deutschen rein grammatikalisch ein maskulines Wort. Unsere Sprache kennt auch „die Göttin“, aber damit assoziieren wir eher Aphrodite oder Venus. Auch die Bibel spricht oft in Bildern von Gott, die traditionell eher mit Männern in Verbindung gebracht werden – Vater, Herr, Richter, König. Dass Gott in der Bibel durchaus auch mit weiblichen Bildern beschrieben wird (z. B. als Mutter in Jesaja 66,13) kommt in unseren Liedern, Predigten und theologischen Werken jedoch kaum vor. Auch wenn Strömungen wie feministische Theologie dem vermehrt entgegenwirken. Neben der Bibel hat uns auch die westeuropäische Kunstgeschichte geprägt, in der Jesus Christus fast immer mit hellbraunem Haar und blauen Augen gemalt wurde. Auch viele deutsche Kinderbibeln sind voll solcher blasser Jesusbilder. Dabei hat Jesus als Hebräer wahrscheinlich eher ausgesehen, wie die heute aus dem Nahen Osten stammenden Menschen. Die Bilder, die uns begegnen und prägen, sind also keineswegs selbstverständlich, sondern wiederum geprägt von Kultur, Sprache, Tradition, Geschlecht, Geschichte, … Eine große Rolle spielt das soziale Umfeld, zum Beispiel, wie offen die Eltern über ihren eigenen Glauben sprechen. Auch die eigene Kirchengemeinde prägt, sowohl in Aussagen über Gott als auch in Handlungen und unausgesprochenen Regeln: Wer darf etwas in der Gemeinde sagen? Wie wird mit Fehlern umgegangen? Wofür wird gebetet? Wie sehen die Menschen aus, die im Gottesdienst sitzen, wie reden sie, was haben sie an?

Und noch vieles mehr formt unser Gottesbild: einschneidende Erlebnisse, (christliche) Literatur, Filme und Serien, der Umgang mit der Bibel, den wir lernen usw. Aus all dem speist sich das bunte Mosaik eines Bildes, das sowohl die Prägungen enthält, die wir − bewusst oder unbewusst − übernommen oder abgelehnt haben, als auch die persönlichen Erlebnisse, die wir mit Gott verbinden.

PRÜFEN UND DAS GUTE BEHALTEN

Wie gehen wir mit dem Wissen um, dass unsere Erfahrungen unser Gottesbild geformt haben? Zuerst einmal sei gesagt, dass es dadurch nicht automatisch schädlich ist oder verworfen werden muss. Aber das Wissen um unsere Prägung zeigt, dass wir unser Gottesbild kritisch hinterfragen und prüfen sollten. Ein erster Schritt dabei ist zu reflektieren, welches Gottesbild wir haben. Dabei kann es helfen, Beobachtungen zu sammeln, zum Beispiel, verschiedene Bilder von Gott zu betrachten und zu fragen: Sieht so mein Gott aus? Oder aber, das eigene Denken und Handeln zu beobachten: Wie wähle ich meine Worte im Gebet? Welche Reaktionen Gottes male ich mir aus? Und bei alldem: Warum? Diese gesammelten Mosaiksteinchen ergeben nach und nach ein Bild, das nie ganz vollständig sein wird und auch Widersprüche enthält. Dann gilt es, sich dieses Bild anzusehen und zu fragen: Finde ich es angemessen? Passt dieses Bild mit dem zusammen, wie Gott in der Bibel beschrieben wird? Wie erleben ihn andere? Nicht zuletzt sollten wir dabei im Gespräch mit Gott bleiben und ihn bitten, diesen Prozess zu begleiten.

ES BLEIBT BEGRENZT

Vielleicht merkst du bei manchen Mosaiksteinchen, dass du ehrlich von ihnen überzeugt bist. Super – behalte sie! Es wird dich bereichern, dass du dir ihrer jetzt bewusst bist. Andere Steinchen wirst du als ungesunde Prägungen entlarven. Hier kann es hilfreich sein, Sätze zu finden, die diesen Bildern Wahrheiten entgegensetzen – zum Beispiel „Gott ist gerecht“, „Ich bin genug“. Und vielleicht bemerkst du Stellen, an denen du noch einiges über Gott lernen musst, weil dein Bild unausgeglichen ist – zu streng, zu milde, zu leistungsorientiert. Dann beschäftige dich mit Bibelstellen oder Bildern, die eine für dich unbequeme Seite Gottes darstellen, und frage: Was wäre, wenn auch das zu Gott gehörte? Bei alldem müssen wir uns klar sein, dass wir nie ein vollumfängliches Bild von Gott erreichen werden. Viel zu eingeschränkt ist unser Blick, viel zu gefärbt auch unsere reflektierte Wahrnehmung, viel zu groß und alle Sinne übersteigend dieser Gott, den wir zu greifen versuchen. Aber sich das einzugestehen, ist der beste Ausgangspunkt, um über Gott nachzudenken: in dem Wissen, dass wir nicht das ganze Bild von Gott haben. Dass vielleicht auch die Bilder zu ihm gehören, die andere von ihm malen. Und vielleicht auch noch ganz andere.

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Wegen Überfüllung geschlossen!

Tabea Gutmann

Bei der Geschwindigkeit, mit der wir mit Infos und verlockenden Angeboten bombardiert werden, kann einem schon mal schwindelig werden. „Höher, schneller, weiter“ ist das Mantra unserer Zeit. „Sei besser, schöner, reicher und klüger!“ Wen wundert es, wenn unsere Herzen immer öfter das Schild: „Wegen Überfüllung geschlossen“ tragen? Das Leben in Fülle – was soll das sein? Unsere Leben sind doch schon mehr als voll.

Hunger nach mehr

Der Hunger nach dem Leben in Fülle verwandelt sich häufig in ein Völlegefühl. Dann stößt uns dieses Leben regelrecht auf. Zu viel von allem. Zu vollgestopft. Gleichzeitig irgendwie zu wenig wirklich Nahrhaftes. Vielleicht haben wir aber auch einfach zu wenig Zeit, um alles zu verdauen. Wir sind heute so vielen Reizen ausgesetzt wie noch nie in der Geschichte der Menschheit. Unser Kopf, Herz und Körper sind im Angesicht der vielen Informationen und Aufgaben oft überfordert.  Dann lähmt uns dieses Leben. Wir brechen den Kontakt zu uns selbst ab und lassen uns vom grellen Licht der Bildschirme in den Bann ziehen.  Es hilft uns, um uns von uns selbst abzulenken. Fast wie ferngesteuert, scrollen wir durch die Nacht, noch mal geklickt, nur noch eine Folge, noch das eine Video – liegen wir mal wie-der viel zu spät wach, mit müden Augen off en, wird unsere Innenwelt immer grauer. Wir werden blind für das Wahre, Echte und Schöne des Lebens. Und anstatt uns zu sammeln – verstreuen wir uns. Treten im Kampf gegen den Lärm mit noch mehr Lärm an und übertönen damit oft das Rufen unserer Seele.

(K)eine Antwort

Konsum scheint uns eine Antwort zu geben auf unsere Ängste, Hoffnungen, Unsicherheiten und Freuden. Wir konsumieren, um unsere Gefühle in den Griff zu bekommen. Dinge können für uns einen spirituellen Wert erhalten.  Sie helfen uns dabei, Langeweile zu umgehen, Schmerzen zu betäuben und bescheren uns – wenn auch nur vorübergehend – ein Gefühl des Glücks und einen „Kick“. Schokolade wird zum verfügbaren Trostspender und das Smartphone zum treuen Begleiter.  Die sorgfältig entwickelten Marketingmaßnahmen machen es uns so einfach, uns aus uns selbst herauszuhalten, uns abzulenken vom Unwohlsein und den drängenden Fragen.  Auch wenn uns die Werbewelt etwas anderes erzählt: Wahre Lebenszufriedenheit kann durch keinen „Bestell-Button“ frei Haus geliefert werden.

Sehnsucht auf der Spur

Warum fühlen wir uns oft so leer, wenngleich unsere Leben so voll sind? Woher speist sich unsere Rastlosigkeit? Und warum geraten wir so leicht in die Spirale, immer mehr Dinge zu kaufen, die am Ende uns besitzen? Wenn wir hartnäckig und mutig genug sind, dem Unwohlsein und unseren Bedürfnissen ins Gesicht zu schauen, dann kommen wir dem, was uns wirklich fehlt, mehr und mehr auf die Spur. Wir bekommen die Chance mit den echten Schmerzen und Sehnsüchten unserer Seele in Berührung zu kommen, von ihnen zu lernen und an ihnen zu wachsen – anstatt sie mit dem nächsten Onlineshop, Lieferando, Instagram oder Facebook zu betäuben. Wir haben uns nicht ausgesucht, in welche Gesellschaft und in welches Umfeld wir hineingeboren sind. Doch wir sind dem Einfluss der grellen Lichter und Banner auch nicht machtlos ausgeliefert. Es ist möglich, einem anderen Geist zu folgen als dem hypnotischen „Kauf mich, besitz mich und du wirst glücklich“-Werbejingle.

Die reich Gottes-Logik

Gott gibt uns durch die Bibel Hinweise auf seine Sicht der Dinge und spricht uns Mut zu – zum Denken und Handeln nach einer Logik, die so ganz anders ist als die unnachgiebige Forderung nach Selbstverbesserung, Effizienz- und Erfolgssteigerung. Der alttestamentliche Prophet Micha spricht recht eindeutig über das, was das wirklich gute Leben möglich macht: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was Gott von dir erwartet, nämlich: Gerechtigkeit üben, Gemeinschaftssinn lieben und aufmerksam mitgehen mit deinem Gott“ (Micha 6,8)Das gute Leben nach der Reich Gottes-Logik berücksichtigt unsere Fähigkeit zum Mitleiden und Mitfühlen mit und in dieser Welt; denn wirklich gutes Leben funktioniert nicht auf Kosten unserer Mitmenschen und Umwelt. Wohlstand und die Zufriedenheit, die wirklich allen Menschen zugutekommen, produziert keine Gewinner und Verlierer oder eine immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich. Das gute Leben in der Bibel ruft uns auf zur Solidarität. Es lässt uns unseren Lebenswandel hinterfragen. Wo bezahlen andere Menschen einen hohen Preis für das Glücksgefühl, das ich mir durch dieses Schnäppchen kurzweilig verschaffe? Wie sehr mache ich mich #solidarisch mit denen, die unter Ausgrenzung und Unterdrückung leiden? Aus dieser Perspektive kommen wir unserer Verantwortung, Fürsorgepflicht und Berufung als Menschen auf die Spur. Von Gottes Liebe und Heilswillen bewegt, können wir uns auch mit gesellschaftlichen Zusammenhängen konfrontieren und in diese hineinwirken.

Globales gutes Leben

Der Prophet Micha spricht unsere Sehnsucht nach echter Verbindung und Gemeinschaft an. In einer Welt, in der alles mit allem zusammenhängt, brauchen wir einander. Jede Handlung oder Nicht-Handlung hat Einfluss auf das, was uns umgibt. Wir können lernen, uns selbst als Teil von etwas wahrzunehmen, das so viel größer ist als unser einzelnes Leben – als Teil der Schöpfungsgemeinschaft. Diesem „Wir“ in allem Geschaffenen nachzuspüren, führt uns zu der Frage: Was ist das global gute Leben? Und wie kann es für alle wirksam werden? Wir sind in der Lage, uns in solche größeren Zusammenhänge hineinzudenken. Eine Fähigkeit, die diese Welt verändert hat und sie auch in Zukunft verändern kann. Und genau in dieser Fähigkeit liegt die einzigartige Würde und Berufung unseres Menschseins.

Die Hand am Schöpferherz

Das gute Leben im Reich Gottes tritt aber nicht mit dem Zeigefinger auf. Die Verantwortung, die uns als Menschen zukommt, wird uns nicht einfach übergestülpt. Ganz im Gegenteil, im Micha-Vers wird deutlich: Wir sind nicht auf uns allein gestellt. Wir stehen selbst unter der Fürsorge und Leitung Gottes. Wir dürfen „aufmerksam mitgehen mit Gott“, die Hand aufs Schöpferherz legen und seinem Herz-schlag nachspüren. Gott hat den Druck von uns genommen, im „Höher-schneller-weiter-Spiel“ mithalten zu müssen. Wir können aussteigen aus dem Hamsterrad der unaufhörlichen Selbstoptimierung und spüren: Ich bin genug. Und ich habe genug. Es ist möglich, das System der Konsumgesellschaft mit allen seinen Glaubenssätzen zu durchbrechen. Dafür müssen wir ab und zu den Stecker ziehen und der Stille Raum geben. Das Handy öfter mal auf Flugmodus schalten und das Herz auf „Empfang“ stellen. Beim Spaziergang im Wald dem Rauschen der Blätter zuhören. In der Bahn die vorbeiziehende Landschaft beobachten und unseren Gedanken freien Lauf lassen, anstatt die Geschichten und Gedanken anderer am Display zu verfolgen. Unsere Gefühle spüren und anschauen lernen – ganz ohne Filter. Wir können dem guten Leben auf die Spur kommen. Dafür müssen wir uns Räume zurückerobern, um ehrlich, achtsam und verbunden durch diese Welt zu gehen.

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Was uns bewegt

von Ansgar Hörsting

 

Seit einigen Wochen spreche ich in Gemeinden immer wieder einmal über die Leitsätze, die unser Leben bestimmen. Oft unbewusst, aber doch sehr wirksam. Oder Leitsätze, die wir über unsere Gemeinden stellen. Sie wirken wie Überschriften über einem Zeitungsartikel. Sie bestimmen darüber, was wir als Hauptnachricht mitnehmen werden, egal, was im Artikel selbst steht.

Irgendwo haben wir sie gelernt. Irgendwann haben sie sich uns tief eingeprägt, die Leitsätze unseres Lebens. So wie diese: „Aus dir wird nie etwas.“ − „Was sollen die Leute denken?“ − „Eigentlich solltest du gar nicht geboren werden.“ Solche Leitsätze können eine Macht ausüben und uns sogar zerstören. Es gibt auch diese hier: „Egal was passiert: Wir stehen immer zu dir.“ oder „Du darfst alles, du darfst dich nur nicht erwischen lassen.“

Bei mir kamen später andere Sätze hinzu: „Weil es dir gut geht, geht es anderen Menschen auf der Welt schlecht.“ − „Denke an die hungernden Kinder in Afrika und iss deinen Teller leer“ − „Pass immer auf deine Sachen auf!“

 

Fromme Leitsätze

Andere erzählten mir von frommen Leitsätzen: „Pass auf, kleines Auge, was du siehst!“ − „Lieber Gott, mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm.“ Viele haben das als Druck empfunden und Gott als Aufpasser erlebt. Nicht alle jedoch! Denn solche Sätze wirken immer im Gesamtbild der Herkunftsfamilie und der Verlässlichkeit und Liebe, die dort herrschen.

Es gibt hilfreiche und lähmende Leitsätze. Und oft ist einem gar nicht bewusst, welche Sätze wirklich leiten. Es kann sein, dass man zwar ein Lebensmotto haben möchte, aber tief drinnen wird man von einem ganz anderen regiert.

Ich bekomme viel Resonanz auf meine Predigten, wenn ich auf die Leitsätze zu sprechen komme. Wir verlieren viel Lebenskraft durch schlechte Leitsätze. Ich bin überzeugt: Satan kann uns durch seine Lügen verführen. Er liebt es, Menschen mit lügenhaften Leitsätzen zu quälen.

 

Das sagt Gott

Deswegen ist es eine entscheidende Frage, was Gott eigentlich über unser Leben sagt. Ich bin überzeugt, dass die Antwort darauf immer zwei Aspekte hat. Der eine ist negativ. Gott sieht unser Leben, wie es ohne ihn aussieht: verloren, abgeschnitten vom Leben, in Schuld verwickelt, in Lügen verstrickt. Beladen mit Sorgen, mit Bitterkeit, mit eigener Schuld oder auch der Schuld anderer. „Der Lohn der Sünde ist der Tod.“, diagnostiziert die Bibel (Röm 6,23). Es nützt nichts, diese Wahrheit zu leugnen, denn wer sie leugnet, kann ihr nicht begegnen.

Aber als Lebensmotto, als Leitsatz, taugt dieser Aspekt nicht. Dafür müssen wir uns den zweiten Aspekt ansehen, die Wahrheit, die Gott in Jesus über uns ausspricht. Zum Beispiel diese hier: „Nichts kann uns trennen von der Liebe Gottes, die in Jesus Christus ist.“ (Röm 8,38f) oder: „Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ (Jes 43,1). In Jesus hat Gott uns alles geschenkt (Röm 8,32). Er macht unsere Leben reich. Nicht durch unser Tun, sondern durch Gott allein können wir leben. „Gott hat uns nicht einen Geist der Furchtsamkeit gegeben, sondern der Kraft der Liebe und der Besonnenheit.“ (2. Tim 1,7). Das sind Leitbilder, die uns lebenstauglich machen.

 

Bewegt von Gottes Liebe

Dieses Prinzip betrifft auch Gemeinden. Wir sehen sie häufig mit negativen Vorzeichen: Wir sehen die Fehler, die problematischen Leute, die Streitereien. Und keine Frage, das alles gibt es ja auch. Aber wenn uns das leitet, dann werden wir irgendwann der Gemeinde Jesu den Rücken zuwenden.

Gemeinden geben sich häufig Leitbilder. Drucken diese vierfarbig in unsere Veröffentlichungen oder schreiben es auf Leinwände. Aber es kommt darauf an, dass diese Leitbilder in unsere Herzen geschrieben werden. Dazu braucht es die ständige Erinnerung und positive Erfahrungen. Dann wird ein Leitbild zu dem, was es sein soll: Es leitet unser Denken, Fühlen und Handeln. Es ist die Überschrift über unser Tun und Lassen. In diesem Sinne: „Bewegt von Gottes Liebe bauen wir lebendige Gemeinden.“

 

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