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Mein Lieblingsvers

Von Susanne Tobies

„Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch der Bedrängnisse, weil wir wissen, dass Bedrängnis Geduld bringt, Geduld aber Bewährung, Bewährung aber Hoffnung, Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.“ Römer 5,3-5

Ein so unbequemer Abschnitt der Bibel als Lieblingsvers? Wer will schon Bedrängnis, geschweige denn sich dessen rühmen? Ich sicher nicht! Und doch war unsere Familie Ende der Neunzigerjahre in einer existenziellen Bedrängnis – und das für längere Zeit. Ich war emotional am Ende und fragte mich, ob Gott uns überhaupt sieht – keine unserer Bitten hatte er bis dahin erhört. Er schien taub und stumm uns gegenüber zu sein. Wieder einmal saß ich damals mit der Bibel in der Hand und rang mit Gott um Hilfe und Antwort. „Zufällig“ schlug ich Römer 5 auf. Vorher hatte ich diese Sätze nie wirklich verstanden – mir hatte meine Bedrängnis keine Geduld gebracht, und mit meiner Hoffnung war es nach Jahren unbeantworteter Gebete auch nicht mehr weit her.

Doch genau in diesem Moment passierte das Wunder, von dem der Vers sprach: Die Liebe Gottes wurde „ausgegossen in mein Herz durch den Heiligen Geist“. Ich wusste auf einmal mit absoluter Sicherheit, dass Gott mich liebt und daher auch nicht vergessen hat. Das war ein überwältigendes Gefühlserlebnis, das ich nie vergessen werde. Seitdem bin ich überzeugt, dass Gottes Liebe das Allerwichtigste ist, über das ich Gewissheit haben muss, damit ich befreit und unbesorgt leben kann. Alles andere tritt dagegen in den Hintergrund – unsere Lebensumstände, unsere Schwierigkeiten und sogar die erhoffte Hilfe. Heute glaube ich, dass meine „Bewährung“ darin bestand, trotz aller Bedrängnisse und Verwirrung beharrlich an Gott festzuhalten. Und Gott hat seine Zusage wahr gemacht: Hoffnung lässt uns nicht zuschanden werden; er hat uns damals geholfen, so wie wir es uns niemals selbst hätten ausdenken können. Immer wenn ich heute in Bedrängnis komme, erinnere ich mich daran, dass Gott mich liebt. In dieser Geborgenheit kann ich es wagen, auch schwierigen Situationen ins Auge zu schauen – und auf Gott zu vertrauen.

Susanne Tobies ist Redaktionsassistentin beim Magazin AUFATMEN. Jetzt kostenlos testen: www.aufatmen.de

So wäre ich gerne …

Von Pfarrer Hanspeter Wolfsberger

Der 13. Opferkasten im Tempel – aussehend wie eine auf dem Trichter stehende Posaune –war der Platz für Spenden mit dem Zweck „wo am Nötigsten“. Der dabei stehende Priester nahm die laut zu äußernde Spendensumme zur Kenntnis, bestätigte sie, kommentierte sie wohl auch manchmal – vor allem, wenn sie gering war in seinen Augen –, und wer in der Nähe war, hörte es.

Jesus war in der Nähe. Und hörte deshalb, wieviel diese Frau einlegte. Eine verarmte Witwe, heißt es. Das heißt: So sah sie auch aus. Sie hatte einen ungünstigen Moment erwischt, ihre Gabe abzugeben. Vor ihr waren etliche reiche Leute „benannt“ worden. Nun kam sie – mit fast nichts. Der laut gewordene Unterschied war schon akustisch krass. Als die Frau abdrehte und die sogenannten „Schatzkammer“ verließ, kam sie an Jesus vorbei. Er sah sie an, und er sah – das Mehr. Das in ihrer Gabe Verborgene umwehte sie. Das Eigentliche. Der von Gott gesuchte „wohlgefällige Geruch“, wie die Rabbinen lehrten. Das, was Gott aufregend findet, weil es sein Herz berührt. Und Jesus sagte leise zu seinen Jüngern: „Sie hat ihre Armut gegeben, ihren bios, ihr Leben.“ (Markus 12,41ff / Lukas 21,1 ff)

Was da in den Opferkasten hinunter klimperte, war materiell zu vernachlässigen. Schon das Porto für eine Zuwendungsbescheinigung war teurer als die Gabe selbst. Aber diese Mini-Gabe war etwas seltsam Ganzes. Etwas zum Himmel hinauf Gegebenes. Etwas dort Angekommenes und Verwandeltes.

 

Man erlaube mir die Assoziation: Wenn so meine Mitarbeit im Reich Gottes wäre, auch und vor allem als Verkündiger und in Beziehungen: Das Wenige, die eigene Armut Gott hinhalten, weil ich mehr nicht habe: „Da, Jesus, mein Leben. Mach was draus. Egal was. Aber mach was draus!“

Zeuge sein ohne künstliche Ergänzungsmittel. Ohne die Armut schönredende Performance. Ohne „Auftritt“, ohne verbale Vorführung. Ohne gestische oder auditive Wirkungsverstärker. Dafür zutiefst bescheiden, entwaffnend ehrlich, heiter und spürbar darauf angewiesen, dass der Himmel selbst sich erbarmt und Feuer auf die hingehaltene Opfergabe fallen lässt…

Ein chassidischer Rabbi besuchte ein auswärtiges Bethaus. Unter der Tür blieb er jedoch stehen und weigerte sich, hinein zu gehen. Er erklärte: „Ich kann nicht hinein. Das Haus ist vom Boden bis zur Decke voll mit hier geäußerter Lehre und mit Gebeten.“ Er fuhr fort: „Die Worte, die über die Lippen der Lehrer und Beter gehen und die nicht aus einem auf den Himmel ausgerichteten Herzen kommen, die verlassen den Raum nicht, sondern füllen ihn nur. Darum ist hier kein Platz mehr.“

„Sie hat ihre Armut gegeben, ihren bios, ihr Leben.“

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