Wenn Kreative sich treffen

Anna Maria Gerlach

Im Februar fand am Vorabend der Missionale ein Atelier statt. Aus ganz Deutschland kamen Mitarbeitende origineller Projekte nach Köln, um sich zu vernetzen.

Es ist Freitagabend. Draußen wird es bereits dunkel, doch beim Missionale Atelier denkt noch lange keiner ans Zubettgehen. Hier drinnen herrscht ein reges Treiben: Etwa fünfzig Menschen tummeln sich in dem großen, schlichten Raum im Innovationshaus „Solution Space“, mitten in der Kölner Innenstadt. In kleinen Grüppchen stehen die Teilnehmenden des Ateliers an Stehtischen und unterhalten sich angeregt. Es wird gelacht, diskutiert, sich ausgetauscht. So mancher bedient sich noch einmal am Käsebuffet – das muss heute noch leer werden. Manche sitzen auch an den zwei Tischreihen oder ums Eck auf den grünen Stühlen, die ein bisschen schief hintereinander in Reihen aufgestellt sind. Der ein oder andere Stuhl steht umgedreht, als hätte hier gerade eben noch eine kleine Gruppe im Kreis gesessen.

Frustration gehört dazu

Mit einer guten halben Stunde am Käsebuffet beginnt der Abend. Man beschnuppert sich, trifft bekannte und unbekannte Gesichter. Dann ein Vortrag als Einstieg ins Thema: Frustration. Frank Berzbach nimmt in einem schicken Vintage-Sessel Platz – das passt zu diesem stilvollen Mann: Seine blonden Haare trägt er in einer hippen Frisur mit Seitenscheitel, an den Handgelenken schaut ein Tattoo unter den Ärmeln des schlichten Hemds hervor. Kleine Stecker zieren seine Ohren; dazu ein schwarzes Sakko über dem weißen Hemd. Er spricht ruhig und bedacht, das Skript liegt auf seinen übereinander geschlagenen Knien. Immer wieder schiebt er die runde Brille nach oben. So ganz einordnen kann man ihn nicht. Er unterrichtet Psychologie an der ecosign Akademie für Gestaltung und Kulturpädagogik an der Technischen Hochschule Köln und publiziert über Kreativität, Mode, Spiritualität. Kein Hauptamtlicher der Kirche, nicht einmal Mitglied der Evangelischen Kirche im Rheinland, die das Atelier veranstaltet. Das irritiert.

Und doch passt es irgendwie. Er spricht über kreative Prozesse, teilt seine ganz eigenen Gedanken darüber, wie man mit Frust umgehen kann. Hier beim Atelier treffen sich Pioniere, Kreative und Neudenker der Kirchen. Menschen, die ehrenamtlich und hauptamtlich in ihren Gemeinden mitarbeiten. Menschen, die sich manchmal alleine fühlen, die manchmal frustriert sind, die aber nicht aufgeben wollen.

Das Außenseitertum sollen sie feiern, so tun, als gäbe es keine Bremser. „Gesunde Intoleranz“ nennt Berzbach das. Denn umgesetzte Kreativität wirkt immer als Traditionsunterbrecher. Da gehört ein bisschen Größenwahn dazu; und Unzufriedenheit. Wären alle zufrieden, bräuchte es keine neuen Ideen. Wer in seiner Kirche etwas verändern und weiterentwickeln will, muss also mit Frust rechnen. Doch Berzbach bleibt nicht dabei, sondern erzählt auch davon, wie er selbst damit umgeht. Von seinen Krisen und den Nischen, die er sich dann sucht, um seine Kreativität auszuleben. „Kreativität ist an Einsamkeit, Still-Sein, Konzentration gebunden.“ Der Satz ruft Widerspruch hervor: Was ist mit den Teamsitzungen und Brainstormings? In der Kirche braucht man sich doch gegenseitig. Die Teilnehmenden ergänzen sich in ihrer Kritik, Berzbach geht darauf ein, eine Diskussion entsteht.

Austausch, Ermutigung und Coaching

Genau darum soll es heute Abend gehen: Gespräch, Austausch, Diskussion. Während Janik Lill gegenüber der grünen Stühle im Bühnenbereich an seinem Keyboard sitzt und den Abend mit Musik untermalt, ist Zeit, um sich gegenseitig zu inspirieren und zu vernetzen. Viele der Teilnehmenden sind bereits involviert in innovative Projekte; sie erzählen begeistert vom eigenen Instagram-Account der Kirchengemeinde oder vom ehrenamtlich betriebenen Café. Andere wünschen sich Ideen, Ermutigung und Motivation, um etwas völlig Neues zu starten oder einfach die altbekannte Konfirmandenarbeit aufzupeppen.

Neben dem Buffet ist eine Leine gespannt. Ohne Erklärung stecken dort Bambusstangen in zwei Töpfen, dazwischen sind Schnüre gespannt: ein, zwei Postkarten, festgehalten von Wäscheklammern, hängen daran. Mehr noch nicht. Im Laufe der Zeit füllt sich die Leine. Gegen 22 Uhr hängen dort neon-grüne Karten aus Pappkarton – vier Millimeter dick – im Postkartenformat. Sie sind beschriftet mit den Projekten der Teilnehmenden. Auch auf den Tischen liegen einige der leuchtenden Karten – manche sind noch leer, auf anderen haben sich die Leute fleißig Notizen gemacht.

Wer den in grün und weiß gehaltenen Raum verlässt und durch den Flur in den benachbarten Raum geht, findet dort Bob und Mary Hopkins. Sie sind schon sehr lange in der Erneuerungsbewegung der Church of England unterwegs und bieten Coaching-Gespräche an. In einem Halbkreis sitzen etwa fünfzehn der Besucher rund um die beiden und lauschen gebannt ihren Tipps und Erzählungen.

Mit einer Andacht klingt der Abend aus. Man verteilt sich im Raum, kommt zur Ruhe, hört zu. Da ist die Rede von Moses und seinen Momenten der Frustration. Die Diskussionen sind verstummt; stattdessen liegt eine nachdenkliche Atmosphäre im Raum. Allmählich brechen nach dem Segen alle auf: Ermutigt und voll neuer Hoffnung verabschieden sie sich in die Nacht.

Sebastian Baer-Henney, Veranstalter und Organisator des Ateliers, ist zufrieden. Schon vor einem Jahr entstand die Idee für dieses Format. Die Veranstalter der Missionale wünschten sich, mehr Menschen zu erreichen, die mitten im kirchlichen Aufbruch stecken. Für sie schien das bestehende Konzept der Missionale nicht mehr ganz zu passen. Die Grundidee des Ateliers knüpft genau daran an: Anstatt sich nur frontal berieseln zu lassen, lebt es davon, dass die Teilnehmenden miteinander ins Gespräch kommen. Und das ist gelungen. Für bis zu hundert Teilnehmende war die Veranstaltung gedacht, fünfzig sind gekommen. Trotzdem: Wer hier war, geht ermutigt und inspiriert nach Hause.

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Der Wohnzimmergottesdienst

Anna Maria Gerlach

Junge Erwachsene tauchen in der Kirche oft nur als Mitarbeitende auf. Mit dem Sonday schafft die Gemeinde Nierenhof ein Angebot für sie.

Es ist Sonntagabend, die Kirche ist dunkel, doch hinter der Kirche im Café Kostbar tönt Musik im Hintergrund; hier findet gleich ein Gottesdienst statt. Hinter der Bar steht eine junge Frau, Berit. Sie macht Kaffee, gibt Limo und Kuchen aus und plaudert mit den Gästen. Manche von ihnen sitzen an Tischen und quatschen oder spielen Dog, ein Brettspiel – so ähnlich wie „Mensch ärgere dich nicht“.

Die erste Idee

Die Gäste sind hier nicht fremd – es sind die jungen Erwachsenen der Kirchengemeinde Nierenhof im Ruhrgebiet. Vor zwei Jahren entstand die Idee, ein Angebot für sie zu schaffen, wo sie einfach ankommen, entspannen, auftanken können, ohne permanent ehrenamtlich mitarbeiten zu müssen. Berit bemerkte damals: Wenn Jugendliche erwachsen werden, gibt es keine Treffpunkte mehr für sie. Sie bringen sich ein, z. B. in den Programmen für Kinder; doch niemand kann immer nur in andere investieren. Deshalb wünschten Berit und ihre Freunde sich einen Ort nur für sich.

Berit begann, regelmäßig dafür zu beten, traf sich mit anderen, sie tauschten sich aus. Nach sechs Monaten stand das erste Konzept fest. Es sollte ein Wohnzimmergottesdienst mit dem Namen Sonday werden. Alle zwei Wochen wurden jede Menge Sofas und Tische in die ansonsten leere Kirche geschleppt. Ein Dart und ein Tischkicker ergänzten die gesellige Atmosphäre. Das Programm ähnelte einem aufwendigen Jugendgottesdienst, den Input lieferten Gastsprecher. Leider kam dieses erste Konzept nicht so gut an wie geplant. Die Sofas und Tische musste irgendjemand auch wieder wegschleppen, deshalb bedeutete der Sonntagabend eher Arbeit als Entspannung. Außerdem predigten die Gastredner so unterschiedlich, dass die Teilnehmenden nie genau wussten, was sie erwartet.

Umzug ins Café

Wegen dieser Überraschungstüte kamen manche der jungen Leute nicht mehr. Also musste das Konzept überarbeitet werden. Berit erzählt, dass es jetzt schon die dritte Version des Sonday gibt. Immer wieder muss überprüft werden, ob das Angebot zur Zielgruppe passt. Inzwischen finden die Wohnzimmergottesdienste im heimeligen Café Kostbar statt und das Programm ist schlicht und unaufwendig.

Ab 18 Uhr ist das Café für den Sonday offen. Gegen 19 Uhr beginnen zwei der jungen Erwachsenen, nur mit Klavierbegleitung einen Lobpreisteil anzuleiten. Die Gespräche an den Tischen verstummen, manche stehen auf. Später geht Josephin Jansen nach vorne, sie leitet mit ihrem Mann Nico die Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen der Gemeinde. Josi liest eine Geschichte des Neuen Testaments vor und teilt ihre Gedanken dazu. Es ist keine wortgewaltige Predigt, sondern viel mehr eine persönliche Andacht. Bevor sie sich wieder in die Gruppe mischt, gibt Josi den jungen Leuten noch vier Gesprächsanregungen mit. An der Leinwand sind sie noch einmal zu sehen. An den Tischen beginnt das Gemurmel. Josi hat die Teilnehmenden dazu eingeladen, sich auszutauschen und miteinander zu beten. Nach einer Weile steht Nico auf und beendet die Gesprächsgruppen; er gibt aktuelle Infos aus der Gemeinde und zum Sonday weiter. Doch damit ist der Abend nicht beendet. Wie alles ganz offen begonnen hat, so endet es auch offen: Wer möchte, kann bleiben, Kuchen essen, einen Tee trinken, ins Gespräch kommen, ein Brettspiel spielen. Denn dieser Ort ist wie ein Wohnzimmer, in dem man einfach da ist und entspannt.

Flexibles Format

Abwechselnd zum Wohnzimmergottesdienst finden im zweiwöchigen Rhythmus Hauskreise statt. Wer mitmachen möchte, meldet sich für drei Monate an. Nach dieser Zeit werden neue Gruppen angeboten. Denn die Lebensphase zwischen 18 und 24 Jahren verändert sich meist schnell, z. B. wenn ein Auslandssemester oder ein Praktikum ansteht. Durch die dreimonatigen Angebote können alle frei entscheiden, ob sie gerade an einem Hauskreis teilnehmen möchten oder nicht.

Josephin Jansen erklärt: „Weil diese Generation so dynamisch ist, muss auch das Angebot so dynamisch sein.“ Etwa 30 junge Erwachsene gibt es in der Gemeinde, von denen ungefähr 20 zu einem Sonday kommen. Beim aktuellen Konzept wissen sie genau, was sie erwartet, sie können flexibel entscheiden, wann sie Zeit haben, und sie wissen: An diesem Ort kann ich mich fallen lassen.

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Esther, die Königin

Esther Häde

Geschichten rund um Namen sind spannend. Letztens bat mich ein kleiner Junge: „Esther, komm mal.“ Brav ging ich zu dem Jungen hin und er flüsterte mir einen Namen ins Ohr.  Einen Namen für den Fall, dass mein Mann und ich irgendwann mal einen Sohn bekommen sollten. Dieser Moment war sehr rührend. Ob er sich lange darüber Gedanken gemacht hatte oder ob es eine spontane Eingebung war, ich weiß es nicht. Von meinen Eltern weiß ich, dass sie sich schon lange bevor ich das Licht der Welt erblickte, Gedanken über einen passenden Namen für mich gemacht haben. Nur passte er letztendlich doch nicht mehr so gut.

Nachdem die Ärztin einige Blicke auf das Ultraschallbild geworfen hatte, stand für sie und meine Eltern fest: Es wird ein Junge! Aufgrund der damaligen Faktenlage beschlossen meine Eltern, ihren Sohn Volker zu nennen. Kurz vor meiner Geburt stellte sich heraus, dass ein anderer Name hermusste. Kein Junge, sondern ein Mädchen kündigte sich an. Meine überraschten Eltern beschlossen kurzerhand ihre zweite Tochter Esther zu nennen. Als meine Mutter später mit ihrem Onkel telefonierte und meinen Namen bekannt gab, waren seine Worte: Eine Königin…

Tatsächlich war meine Namensträgerin aus der Bibel eine Königin: Eine hübsche, mutige und gottesfürchtige Frau. Als König Ahasveros auf der Suche nach einer neuen Frau und Königin war, trat Esther eines Tages vor ihn und erwarb sich seine Gunst. In der Bibel wird berichtet, dass der König sie mehr liebte als alle anderen Frauen.

So weit so märchenhaft. Doch Esther hütete ein Geheimnis – sie war Jüdin. Ihr Onkel Mordechai, der sie nach dem Tod ihrer Eltern in sein Haus genommen und sie wie seine eigene Tochter aufgezogen hatte, hatte ihr befohlen, über ihre Herkunft zu schweigen. Als der Palastbeamte Haman mit Erlaubnis des Königs beschloss, das Volk der Juden zu vernichten und Mordechai davon erfuhr, bat er Esther um Hilfe. Besonnen und voller Zuversicht trat sie beim König für die Juden ein und rettete mit Gottes Hilfe ihr Volk.

Das Leben mit Gott steckt voller Überraschungen und spannender Wendungen – das zeigt die Geschichte der Königin Esther unmissverständlich. Mich begeistert, dass diese Geschichte zeigt, wie Gott auch in unserem Leben wirkt. Oft können wir den Sinn von etwas nicht direkt erkennen oder denken, dass eine Situation ausweglos ist: Dabei hat Gott einen perfekten Überblick über das Geschehen und als unser Schöpfer und Herr weiß er, wie er unser Leben zum Guten führt.

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Jonathan, ein Geschenk Gottes

Jonathan Bauer

Jonathan. Dieser Name ist meinen Verwandten und Freunden wohl etwas zu lang. Deshalb überrascht es vielleicht auch nicht, wenn ich von ihnen kaum so genannt werde. Denn für einen so langen Namen haben sich diese eine ebenso lange Liste an Spitznamen überlegt: Joni, Jonny, Johny, John sind da nur ein kleiner Vorgeschmack auf die ganze Bandbreite. Wenn ich als Kind doch mal bei meinem vollen Namen genannt wurde, dann häufig von meinen Eltern – und auch nicht selten nur aus dem folgenen Grund: Ich hatte mal wieder etwas angestellt. Aber das ist eine andere Geschichte.

Ich mag meinen Namen. Er ist eine Ableitung aus dem Hebräischen: Jeho-nathan. „Jeho“ ist eine Kurzform des Namens Jahwe, mit dem sich Gott im Alten Testament immer wieder dem Volk Israels vorstellt. „Nathan“ bedeutet „hat gegeben“. Jonathan bedeutet dann also: „Jahwe hat gegeben“ oder „Geschenk Jahwes“. Ich bin ein Geschenk. Daran erinnert mich mein Name immer wieder. Aber für wen war ich ein Geschenk? Für meine Eltern? Meine Freunde? Meine Mitmenschen?

Auch die Bibel kennt einen Menschen mit dem Namen Jonathan, der ein Geschenk für einen besonderen Mann war: David, als dieser noch nicht König von Israel war. Jonathan war der Sohn des Königs Saul. Zwischen Jonathan und David entwickelt sich eine tiefe Freundschaft. Denn Jonathan rettete David mehrmals vor seinem Vater, der David aus Eifersucht und Angst um sein Königreich umbringen wollte. Als Jonathan schließlich bei einer Schlacht gegen die Philister starb, weinte David sehr um seinen verlorenen Freund, weil er ihn so sehr geliebt hatte. Eine krasse Geschichte. Jonathan war ein wirklich großes Geschenk für David. Ohne ihn wäre David wohl nie König geworden. Und doch zeigt es mir, dass auch ich ein Geschenk sein kann für meine Mitmenschen. Vielleicht nicht unbedingt, indem ich sie vor dem Tod rette, aber indem ich ihnen mit Liebe und Akzeptanz im Lichte Jesu gegenübertrete. Jeder Mensch ist ein Geschenk, auf einzigartige Weise erschaffen. Mein Name erinnert mich daran. Jeden Tag. Lasst uns ein Geschenk sein – für unsere Familienmitglieder, Freunde und alle anderen Menschen.

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Andreas, der Abschlepper

Andreas Klotz

Als Kind habe ich mich „selbstverständlich“ für meinen Namen interessiert und mir gewünscht, dass damit ein besonderer Sinn oder eine außergewöhnliche Persönlichkeit verbunden wäre. Durch Nachfrage bei meinen Eltern und Namensgebern konnte ich in Erfahrung bringen, dass sie diesen Namen einfach nur schön gefunden haben, dass die Bedeutung von Andreas „der Männliche“ wäre und dass auch in der Bibel ein Andreas vorkommt.

Die Beschäftigung mit diesem Namensvetter im Jüngerteam von Jesus führte für meinen damaligen Geschmack aber zu einem enttäuschenden Ergebnis: Andreas wird kaum erwähnt und steht im Schatten seines deutlich berühmteren Bruders Simon Petrus (Markus 1, 16).

Erst später habe ich in den wenigen biblischen Notizen zu Andreas etwas entdeckt, das für mich ein wichtiger Impuls geworden ist: Andreas war gerne behilflich, wenn Menschen zu Jesus wollten. Er war aber nicht nur unterstützend tätig (Johannes 12, 22), sondern als Abschlepper hat er Menschen auch proaktiv eingeladen. Ein Beispiel dafür ist, wie er seinen leiblichen Bruder Simon zu Jesus führte (Johannes 1, 41-42). Einen wichtigeren Dienst können wir anderen Menschen, auch den direkten Familienangehörigen, nicht tun.

Selbst wenn sein Bruder Simon der einzige Mensch gewesen sein sollte, den Andreas für Jesus gewonnen hat, dann war das eine große Sache. Denn Simon wurde zu einer Schlüsselperson, die anschließend als Apostel Petrus eine bewegte und wirkungsvolle Segensgeschichte entfalten sollte. So kann ein einziger missionarischer Vermittlungsdienst eine großartige Kettenreaktion zur Folge haben. Das finde ich sehr verheißungsvoll.

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Rahel, die Wertvolle

Rahel Täubert

„Wie heißt du…?“ Diesen Satz höre ich seit meiner Kindheit immer wieder. „Karin?“ „RaCHel“? „Ra-eeel?“ „Räischtel?“. Es wird normal, das Buchstabieren. „R-A-H-E-L. Ohne C.“ Ein seltener Name. In der Schule hieß keiner so.

„Woher kommt der Name? Aus der Bibel?“ Hundert Punkte, wenn das einer weiß! In der Schweiz ist der Name verbreiteter. Ja, meine Mutter kommt aus der Schweiz, und mein Vater ist Pastor … Dass er in Deutschland so selten geworden ist, hat viel mit der Vertreibung und Ermordung der deutschen Juden zu tun. Ein tragischer Aspekt meines Namens.

„Bist du Jüdin? Oder irgendwie religiös?“ Solche Fragen sind oft ein Türöffner, um über den Glauben ins Gespräch zu kommen. Vorsichtig, denn in meiner Berufswelt gibt es kaum bekennende Christen.

Auch Kinder können mit dem Namen oft nichts verbinden. „RA- HELL – wie ein heller Rabe!“, sage ich dann. Als Eselsbrücke. Das hilft. Meistens. Aber wenn man sich den Namen erst einmal gemerkt hat, vergisst man ihn nicht mehr. Und man weiß sofort, wen man damit verbinden muss. Sabine, Susanne, Tanja – davon gibt es viele. Man braucht zusätzliche Attribute, um sie auseinander zu halten. „Die Susanne mit den kurzen braunen Haaren.“ Eins zu null für mich.

Die Bibel berichtet von Rahel, der schönen Aramäerin, für die Jakob sieben Jahre arbeiten musste. Am Ende wurde er betrogen. Sein Schwiegervater Laban schmuggelte ihm in der Hochzeitsnacht die ältere Schwester Lea unter. Um doch noch Rahel zur Frau zu bekommen, musste Jakob weitere sieben Jahre schuften. Jakob, der Betrüger, wurde selbst betrogen. (1. Mose 29)

„Das (Mutter)schaf“ bedeutet der Name im Hebräischen. Man kann ihn auch mit „Das Wertvollste der Familie“ übersetzen. Unser Name macht etwas mit uns. Weil wir ihn täglich hören. Es hat Einfluss auf unsere Entwicklung, ob wir ihn lieben oder nicht. Was er bedeutet, wie man ihn ausspricht, wie er klingt.

Die Schreibweise meines Namens in unterschiedlichen Sprachen habe ich vor Jahren im Deutschen Bibelmuseum erforscht. Ich habe entdeckt: Mein Name ist international. Das ist ein großer Vorteil, wenn ich reise. Englisch: Rachel. Italienisch: Rachele. Französisch: Rachél. Spanisch: Raquel. Arabisch/Persisch: Rahil.

Spitznamen oder Abkürzungen gibt ‚s für mich übrigens nicht. Gab es noch nie. Gut so. Ich fühle mich geehrt, einen außergewöhnlichen Namen zu tragen. Dass ich ihn immer wieder erklären muss, daran habe ich mich im Laufe der Jahre gewöhnt. Irgendwie.

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David, der Geliebte

David Neufeld

Ich bin ein Trendsetter: „Der Name David wurde seit 1970 immer häufiger vergeben“, las ich irgendwo. Tatsächlich wurde ich 1970 geboren. Er „gehörte aber bisher erst einmal, im Jahr 2004, zu den zehn beliebtesten Jungennamen in Deutschland.“ Also doch nicht …

David also. Mein Vater war Prediger, und dass alle fünf Söhne meiner Eltern biblische Namen tragen, ist ganz bestimmt kein Zufall: Emanuel, Andreas, David, Johannes und Markus. Sehnsüchtig haben meine Eltern auf ein Töchterlein gehofft, aber das ist eine andere Geschichte.

Weil mein Name nicht ganz so verbreitet ist, zucke ich immer noch leicht zusammen, wenn eine Mutter im Supermarkt streng ihren „David“ ruft. Einen biblischen Namen zu tragen, in Verbindung gebracht zu werden mit dem legendären Hirten und König, dem Kämpfer und Dichter aus dem Alten Testament, habe ich eigentlich immer als positiv erlebt.

Es war mir eher Ansporn und Ermutigung, als dass es mich genervt hätte. So wie David möchte ich gerne sein – und bin fasziniert von der Bandbreite seiner Persönlichkeit: Lieder schreiben und vor Gott tanzen, mutig kämpfen, leidenschaftlich leben – mit den Schattenseiten, die das eben auch mit sich bringt. Ich bin froh, wie ehrlich diese Vielschichtigkeit in der Bibel zum Ausdruck kommt.

Was mich am stärksten anspricht und mir Mut macht, ist vielleicht dies: Wie König David darf ich mich Gott mit allem anvertrauen. Ich bin gerade in diesen Monaten dabei, die Bibel mal wieder ganz am Stück zu lesen. Vieles ist mir dabei neu aufgefallen, hatte ich nie zuvor wahrgenommen oder längst vergessen. Oder früher ganz anders aufgenommen. Nun stecke ich bei den Psalmen und ich bin froh, dass ich nicht mehr auf Tempo lese, sondern mir endlich die Zeit nehme, um manche Verse oder ganze Psalmen wieder und wieder zu lesen. Mir auf der Zunge zergehen zu lassen. Klar, die sind nicht alle von David, aber in seinen Zeilen wird seine Vertrauensbeziehung zu seinem Gott deutlich. Wie er sich Gott zumutet mit seinem Lob, erfüllt von Dankbarkeit. Wie er Gott genauso seine Furcht bringt, Verzweiflung und sogar seinen Hass. Verdichtete Lebens- und Glaubenserfahrung. Darin kann ich eintauchen. Und mir manches Wort zu Eigen machen.

David bedeutet „der Geliebte“, „Liebling Gottes“. Gibt es einen schöneren „Schirm“, um darunter aufzuwachsen? Ich bin Gott dankbar, dass ich vor wenigen Jahren nochmal ganz deutlich erfahren durfte, dass ich von ihm gemeint und geliebt bin. Hinter diese Erfahrung möchte ich nicht mehr zurück.

Und so bin ich meinen Eltern also dankbar für die „Empfehlung“, für die Wegweisung, die sie mir durch die Wahl meines Namens mit auf den Weg gegeben haben. Das habt Ihr gut gemacht!

 

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Maria, die Widerspenstige

Maria Lang

Ich wurde nach meiner Großmutter benannt, die eine wichtige Bezugsperson für mich war. Gemeinsam feierten wir am 12. September unseren Namenstag. Allerdings wurde mir sehr bald bewusst, dass mein Name unglaublich altmodisch war. In der Schule wurde ich oft mit „heilige Maria“ gehänselt. Die Bandbreite meiner Spitznamen war schier unglaublich. „Mitzi“, „Miezi“ und „Miaz“ fand ich am Schrecklichsten. Gleich danach kam „Mariah“, wie mich mein Englischlehrer nannte. „Marilli“ rief mich meine Tante liebevoll, was für mich aber eher nach „Marille“ (= Aprikose auf österreichisch) klang.

Ich muss zugeben, dass ich mir während meiner Kindheit und Jugendzeit einen anderen Namen wünschte, einen besonderen. Warum konnte ich nicht so wie die anderen Jacqueline, Yvonne oder Silke heißen? Wenn schon ein biblischer Name, dann hätte ich Judith oder Esther vorgezogen. Das waren wenigstens mutige, starke Frauen. Von Maria hatte ich die Vorstellung, sie sei ein kleinlautes, angepasstes Mauerblümchen, das zu allem „Ja“ sagte. Die Bedeutung „die Widerspenstige“ war mir unerklärlich. Wogegen hatte sie sich denn aufgelehnt? Nett und fromm war sie und das wollte ich als Jugendliche definitiv NICHT sein. Ich war eine Rebellin und forderte das Leben ordentlich heraus. Meine Abenteuerlust führte mich rund um den halben Globus und fast überall begegnete mir „Mary“ in religiösem Kontext. Kirchen waren nach ihr benannt. Sonst gab’s für mich nichts Spannendes zu entdecken.

Ich lernte, mit diesem Namen zu leben, ohne besonders stolz darauf zu sein. Witzig war manchmal, dass ich als „Maria Lang“ auf meine Schriftstellertätigkeit angesprochen wurde. Schließlich gibt es eine schwedische Krimiautorin mit diesem Namen, wobei ich eindeutig die Unbekanntere von uns beiden bin.

Eine deutliche Veränderung hat meine Israelreise gebracht, die ich vor kurzem unternahm. Viele Menschen, die ich kennenlernte, äußerten sich sehr positiv über meinen Namen. „Zufällig“ entdeckte ich in Jerusalem den Geburtsort Marias ganz in der Nähe des Löwentors. Als mir dann noch ganz praktisch bewusst wurde, wie weit Nazareth von Betlehem entfernt liegt und dass Maria den etwa 14-tägigen Fußmarsch hochschwanger zurückgelegt hat, stieg meine Achtung deutlich. Von wegen Mauerblümchen; diese Frau stand mit beiden Beinen im Leben! Bald darauf die Flucht nach Ägypten. Keine Sache für schwache Nerven …

„Shalom, Maria, du bist voll der Gnade …“ langsam begreife ich, dass dieser Name tatsächlich ein ganz Besonderer ist. Seine Bedeutung „die Widerspenstige“ könnte man auslegen als: „Die, die sich nicht unterkriegen lässt.“ So eine Person war Maria ganz sicher. Ich bin dankbar, so heißen zu dürfen.

Und noch etwas: Meine Oma ist vor kurzem gestorben. Im dankbaren Andenken an sie trage ich „unseren“ Namen nun mit ganz besonderer Freude.

 

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Judith, die Bekennerin

Judith Herm

„Judith“ kann man auch einfach mit „Frau aus Judäa“ übersetzen. Dass mein Name biblisch ist, scheint nicht überraschend, wenn man diese Bedeutung kennt. Mir war diese Herkunft allerdings einige Jahre nicht bewusst. Meine Eltern hatten den Namen gewählt, weil sie ihn schön fanden. Und da ich in einer evangelischen Freikirche aufwuchs, brauchte es meine katholische Oma, die mir als Kind erklärte: „Judit ist ein Buch in den Apokryphen.“

Das fand ich spannend! Ein eigenes Buch in der (katholischen) Bibel, das meinen Namen trug! Die Geschichte, die dort von meiner Namenspatin erzählt wird, gefiel mir zunächst allerdings weniger. Eine Frau, die dem Feldherrn Holofernes den Kopf abschlägt? Hätte es nicht etwas Netteres sein können? Nach und nach freundete ich mich jedoch mit der Geschichte an und erzählte sie sogar gerne, wenn man auf meinen Namen zu sprechen kam. Langweilig war sie wenigstens nicht – manchmal konnte man damit sogar ein bisschen schocken.

Viele andere Judiths kannte ich nicht in meinem Alter, wenn überhaupt las oder hörte ich von erwachsenen Frauen mit diesem Namen. Ich weiß noch, wie in unserer Lokalzeitung über die Autorin Judith Hermann berichtet wurde und ich mir einen Spaß daraus machte, die Überschrift auszuschneiden, den letzten Teil des Nachnamens entfernte und stolz meiner Grundschullehrerin den Artikel zeigte – sie brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass es dort gar nicht um mich ging.

Eine weitere berühmte Judith begegnete mir später im Radio: Judith Holofernes, die Sängerin der Band „Wir sind Helden“. Diese Kombination aus Vor- und Nachnamen irritierte mich ziemlich. Wieso wollte jemand in seinem Namen Mörderin und Opfer vereinen? Lange zweifelte ich sowohl an der Allgemeinbildung als auch am Geschmack der Eltern dieser Frau – bis ich herausfand, dass „Holofernes“ ein Künstlername ist. Welche Botschaft die Sängerin damit vermitteln will, ist mir allerdings bis heute unklar – hoffentlich nicht, dass sie für ihre Musik über Leichen geht.

Da ich kaum andere Judiths in meinem Alter kannte, erschien mir der Name oft altmodisch und brav. Das verstärkte sich, als amerikanische Freunde mich darüber aufklärten, dass bei ihnen Judith ein typischer Großmutter-Name sei. Na toll! Die fanden auch die deutsche Aussprache des Namens belustigend, klang es für sie doch wie „you did“ (du machtest). Von anderen hörte ich das Wortspiel: „Judith, you did it, and you did it jut.“ (Judith, du machtest es, und du machtest es gut.) Nun gut.

Mittlerweile habe ich mich mit meinem Namen gut angefreundet. Die kopflose Geschichte dahinter kennen allerdings immer noch nicht viele in meiner Generation. Da habe ich noch einige Aufklärungsarbeit zu leisten – hoffentlich mit ein paar erheiternden Schockmomenten.

 

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Samuel, von Gott erhört

Samuel Moser

Samuel Moser konnte als Kind wenig mit seinem biblischen Namen anfangen. Das hat sich gründlich geändert.

 

Als meine Mutter mich zur Welt brachte, war sie bereits 32 Jahre alt. Bedingt durch einen schweren Unfall in der frühen Kindheit, war sie körperlich behindert. Weil sie so lange warten mussten, haben meine Eltern den Namen ihres Ältesten bewusst ausgewählt, und zwar in Anlehnung an die alttestamentliche Geschichte der Hanna. Diese bat Gott lange um ein Kind – und nannte ihren Erstgeborenen dann Samuel, „Ich bin von Gott erhört“. Für meine Eltern war ich offensichtlich ebenfalls ein vom Herrn Erbetener. Ob damit auch ein Gelübde, wie bei Hanna, verbunden war, weiß ich nicht.

Seit mehr als 80 Jahren lebe ich nun mit meinem Vornamen Samuel – und bejahe ihn zunehmend. Im Berner-Land, in dem ich aufwuchs, nannte man mich schon früh Sämi, auch meine Mutter rief mich bei diesem Namen. Ich hatte meine Mühe damit, denn das war auch ein häufiger Name für Berner Sennen-Hunde. Ansonsten war der Name Samuel damals eher selten; ich kann mich nicht erinnern, dass in den Schulen, die ich besuchte, außer mir noch jemand Samuel hieß. Auch stand ich immer unter dem Eindruck, der biblische Name würde mich zum „Frömmler“ stempeln. Wenn ich gelegentlich auf die mächtige Gestalt des biblischen Samuel angesprochen wurde, war mir das unangenehm. Diese Schuhe waren viel zu groß für mich.

Als ich meine Gattin Eve, mit der ich nun mehr als 56 Jahre verheiratet bin, kennenlernte, nannte sie mich schlicht Sam. Das gefiel mir. Eve und Sam, das passte. Von jetzt an stellte ich mich meist mit diesem Vornamen vor und wurde hinfort auch so angesprochen. In der Schweiz kennt man mich bis heute meist unter diesem Namen. Als ich vermehrt mit ausländischen Freunden zu tun hatte, nannten sie mich fast ausnahmslos Samuel. Auch meine Bücher und Beiträge in Zeitschriften erschienen unter diesem Namen. Und ich begann, mich damit anzufreunden. Wie beim Wein, das Alter macht milder. Heute ist mir der Name Samuel kostbar – nicht zuletzt wegen seiner biblischen Hintergrundgeschichte.

 

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