Wer hat’s erfunden? HERAUSFORDERUNG URHEBERRECHT

Gemeinden kommen öfter mit dem Urheberrecht in Berührung, als ihnen lieb ist. Deshalb lohnt es sich, nach einer sauberen Regelung zu suchen.

Wir verfügen heute über vielfältiges Wissen, das in Windeseile über zahlreiche Kanäle verbreitet wird. Leider stillen wir diesen Wissensdurst zu häufig auf Kosten der Urheber, die dabei leer ausgehen. Deshalb gibt es das Urheberrecht, das die Verbreitung von Wissen schützt und in geregelten Bahnen hält. Grundsätzlich ist jedes Werk geschützt – Predigten und Zeitschriftenbeiträge genauso wie Lieder oder Bilder. Als Kirchen und Gemeinden kommen daher immer wieder unbeabsichtigt mit dem Urheberrecht in Berührung: in Gottesdiensten oder bei Drucksachen, beim Liedersingen oder bei der eigenen Webseite. Dann ist es gut, sich einen Überblick über die Rechte und Pflichten zu verschaffen und einen Ansprechpartner zu haben, an den man sich bei Fragen wenden kann. Gemeinden, die alle urheberrechtlichen Fragen bis ins kleinste Detail selbst klären möchten, werden dabei an ihre Grenzen stoßen – ethisch und juristisch. Das sollte niemanden davon abhalten, die grundlegenden Regeln für die Verbreitung von Musik, Noten, Texten und Bildern selbst zu kennen. Allem Aufwand zum Trotz sollten Gemeinden anstreben, Gottesdienste und Besucher mit legal erworbenem und wiedergegebenem Wissen zu versorgen.

Legal erworbenes Wissen
Die gesetzliche Grundlage für alle Bereiche des Urheberrechts bildet das Urheberrechtsgesetz. Es schützt geistiges Eigentum – Musik, Texte und Bilder, Software etc. – vor ungewollter Verbreitung und Veränderung (Bearbeitung). Gut gemeint bedeutet bei der Umsetzung in der Gemeinde noch nicht gut gemacht. So hält sich in manchen Gemeinden hartnäckig gefährliches Halbwissen: Im Bereich der Musik beispielsweise kursiert das Gerücht, dass bis zu drei Sekunden ohne Genehmigung und Vergütung verwendet werden dürfen. Viele glauben, dass man bis zu 30 Sekunden Musik ohne Genehmigung und Vergütung öffentlich wiedergegeben darf. Diese Annahme ist falsch! Das Urheberrecht greift ab der ersten Sekunde, ab dem ersten Buchstaben und dem ersten Pixel.

Kopieren, Drucken und Speichern von Liedern
Eine besondere Herausforderung bilden Liedtexte. Im Gemeindealltag werden sie gedruckt, fotokopiert, per Hand auf Papier und Folien geschrieben oder elektronisch gespeichert. Der Fachbegriff dafür lautet: grafische Vervielfältigung. Da wer den Liedfolien für den Tageslichtprojektor hergestellt, Lieder in Liedblättern und Gemeindebriefen abgedruckt, lose Liedsammlungen für Jugendkreise und Hauskreise zusammengestellt und Songtexte für das Projizieren mittels eines Beamers elektronisch gespeichert. Dabei ignoriert die gängige Praxis, dass Liedtexte und Notenbilder bis zum Ablauf der Schutzfrist – der Komponist muss länger als 70 Jahre tot sein – urheberrechtlich geschützt sind. Die aufgezeigten Vervielfältigungshandlungen stellen daher urheberrechtlich relevante Nutzungen dar. Solche Nutzungen bedürfen der vorherigen Zustimmung des Urhebers oder Rechteinhabers. Dieses Einverständnis kann in Form einer Lizenz erworben werden, wie sie beispielsweise von der CCLI angeboten wird. Deren CCL-Liedlizenz (siehe Kasten) deckt alle oben genannten Bereiche der grafischen Vervielfältigung pauschal ab. Generell nicht erlaubt unter solchen Lizenzen ist das Vervielfältigen von Chornotensätzen (zum Beispiel das Fotokopieren von Chornoten), auch wenn diese für Gottesdienste oder gottesdienstähnliche Veranstaltungen eingesetzt werden. Die Erlaubnis dafür muss separat erworben werden und kann nur von den Verlagen als Rechteinhabern eingeholt werden. Zusammengefasst gilt, dass die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Musik-, Schrift- und Filmwerken, zum Beispiel durch Bearbeitungen, Vervielfältigungen, Aufführungen und öffentlichem Zugänglichmachen, nur mit vorheriger Zustimmung der Urheber oder der Rechteinhaber sowie gegen Entrichtung einer angemessenen Vergütung erlaubt ist. Die Einräumung verschiedener Nutzungsrechte kann im Wege einer Lizenz von den zuständigen Organisationen erworben werden.

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Das bietet die CCLI-Lizenz.

  • Nutzungsumfang: Sie erhalten in der Regel mehr Nutzungsrechte mit der CCL-Liedlizenz als bei bestimmten anderen Lizenzen. So bekommen Sie mit dieser Lizenz das Recht, auch Liederhefte oder Liedsammlungen für Ihre Gemeinde anzulegen.
  • Umfang Geltungsbereich: Die Liedlizenz gilt pauschal für das grafische Vervielfältigen von Liedern für alle Bereiche der Gemeindearbeit (nicht nur für Gottesdienste).
  • Einfaches Melden von Liedern: Lizenzprogramme dieser Natur funktionieren nur, wenn die eingenommenen Lizenzgebühren an die richtigen Adressaten (die Urheber bzw. Rechteinhaber) ausgeschüttet werden. Um dies zu gewährleisten, müssen Sie als Lizenznehmer melden, welche Lieder unter der Lizenz vervielfältigt wurden. Zum Produktumfang der Liedlizenz gehört daher auch das Computerprogramm CopyReport (ccli.de/copyreport), mit welchem Lieder per Mausklick gemeldet werden, so dass handschriftliche Meldungen oder aufwendiges Sammeln von Papierduplikaten entfallen. Der CopyReport ist sehr einfach zu bedienen, kostet die Gemeinde nichts und spart wertvolle Zeit.
  • Das Herz in der Sache: Die CCLI ist eine Organisation, die aus der Kirche kommt und für die Kirche arbeitet.
  • Weitere Infos zum Thema Urheberrecht: Der Text des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) ist unter www.bundesrecht.juris.de/bundesrecht/urhg einzusehen. Rechtsänderungen sind im Internet unter www.urheberrecht.org zu finden.

 

 

Karl-Arthur Rauxloh
ist Netzwerker und vollzeitlich im Bereich Marketing bei CCLI tätig.

„Lauter! Ich verstehe nichts…“ Tontechnik ist Expertensache.

Hans-Martin Wahler ist Musiker und Spezialist für Live-Tontechnik. In Punkto Beschallung stellt er in vielen Kirchen fest: Die Hausaufgaben sind nicht gemacht! Dies verhindert die Teilhabe von Menschen.

Wo hakt es tontechnisch Ihrer Meinung nach in vielen kirchlichen Räumen?
Das Thema Tontechnik wird nicht wirklich ernstgenommen. Mikrofon und Lautsprecher werden gehandhabt wie eine Geschirrspülmaschine. Doch Akustik ist ein hochkomplexes Thema, das viel Fachwissen erfordert. Gemeinden müssen sich im Blick auf den demografischen Wandel zukünftig noch viel in tensiver mit dieser Materie beschäftigen. Bisher wird viel zu schnell „irgendwas“ hingestellt und jeder denkt: Das läuft schon. Doch genau das sorgt für Unmut und Ärger.

Hans-Martin WahleR Hans-Martin  Wahler  ist  manchem  Le- ser vielleicht noch als Keyboarder und  Sänger der Band „Damaris Joy“ bekannt  (www.damarisjoy.de).  Er  ist  Inhaber  der Firma www.wahlerstudios.de, Ober - linstraße 9, 57074 Siegen, E-Mail: info@ wahlerstudios.de.

Hans-Martin Wahler ist manchem Leser vielleicht noch als Keyboarder und Sänger der Band „Damaris Joy“ bekannt (www.damarisjoy.de). Er ist Inhaber der Firma www.wahlerstudios.de, Oberlinstraße 9, 57074 Siegen, E-Mail: info@wahlerstudios.de. 

Sind große Lautsprecherboxen und den Lautstärkeregler hochfahren wirklich die Lösung?
Nein, überhaupt nicht. Heute kann man mit digitaler Technik im Audiobereich sehr filigran arbeiten und die Defizite der alten Technik ausgleichen.

Was würden Sie einer Gemeinde raten, die sagt: Wir würden gerne etwas für die Akustik tun, aber einer große Mikrofonanlage passt nicht in unseren sakralen Raum? Dies ist heute kein Problem mehr. Es gibt inzwischen viele kleine, fast nicht mehr sichtbare Lösungen, die sehr leistungsfähig und in der Lage sind, auch komplizierte Kirchenräume abzudecken. Entscheidend ist jedoch die Frage: Was will man in der Gemeinde tun? Der klassische Gottesdienst ist die eine Veranstaltung, doch Kirchen haben heute mehr als eine Funktion zu leisten. Da sollte man über ein tontechnisches Gesamtkonzept nachdenken, welches dem Gemeindeaufbau in seiner Gesamtheit dient.

Tontechnisches Gesamtkonzept meint? Was ist z.B. mit Konzerten, was ist, wenn der Chor singt, eine Band auftritt, was ist mit musikalischen Gästen, die kommen und die Infrastruktur nutzen wollen, was ist mit Beerdigungsfeiern, Hochzeiten, Theater, Kinderchören …? Meine Erfahrung ist: Das Thema Tontechnik darf nicht zu eindimensional angegangen werden. Hier sollte man sich lieber etwas mehr Zeit für Beratung und Überlegung nehmen und dann eine größere Lösung anschaffen, die Zukunft hat.

Kommen wir zur sonntäglichen Realität. Während Lieschen Müller sich in der fünften Reihe die Ohren zuhält, ruft Otto Schneider aus Reihe sieben „Ich verstehe nix!“. Gibt es eine Lösung für dieses Problem? Dieses Problem ist heute mit der digitalen Technik aus der Welt zu schaffen. Die neuen Lautsprechersysteme sind für Sprachen optimierter. Sie sorgen dafür, dass die Inhalte wesentlich besser bei den Besuchern ankommen. Wahr ist allerdings auch: Unsere Gesellschaft wird immer älter und damit gibt es auch vermehrt Menschen mit Hörproblemen. Da muss Gemeinde nochmals über ganz andere Lösungen wie die Induktive Höranlage, FM (Radiowellen), Infrarot und BlueTooth nachdenken. Mit diesen Techniken lassen sich bessere Klangerlebnisse erreichen.

Sie sind seit einigen Jahren selbst Träger eines Hörgerätes. Hat dieser Umstand Ihre Sichtbzw. auch Hörweise in kirchlichen Räumen nochmals verändert? Absolut! Mir ist dadurch erst aufgefallen, wie schlecht in vielen kirchlichen Räumen das Thema Beschallung und Tonanlage geregelt ist. Ich sehe hier einen dringenden Bedarf nach modernen Systemen. Die Aussage, „die Anlage läuft doch schon dreißig Jahre gut“ verhindert die Teilhabe von einem Großteil der Menschen. Hörbehinderungen beginnen nicht erst im Seniorenalter!

Was kann eine Kirchengemeinde heute im Blick auf gute Hörhilfen im Gottesdienst tun? Das Wesentliche ist, dass sie für eine optimale Tonanlage sorgt und dass weitere Möglichkeiten geschaffen werden, damit Hör behinderte am Gemeindeleben teilnehmen können, wie CD Aufnahmen in Radioqualität bis hin zum Livestream im Internet.

Eine Aussage von Ihnen lautet: Die Technik ist das allerkleinste Problem. Viel gravierender sind die Probleme in den Köpfen. Was meinen Sie damit? Als normal hörender Mensch kann man nicht wirklich nachvollziehen, was Menschen umtreibt, die eben nicht mehr optimal hören. Wenn ich irgendwo nicht richtig hören kann, dann gehe ich da auch nicht mehr hin. Ich denke, das geht vielen so. Diesen Punkt sollte man in den Blick nehmen. Gemeinde stößt Menschen ab, indem man sie nicht tontechnisch so bedient, wie man es könnte.

Zum Schluss noch zwei Klassiker: Die für die Lesung zuständige Frau tritt ans Mikrofon. Plötzlich beginnt es ohrenbetäubend zu Pfeifen. Was läuft falsch? Wie löst man dieses Problem grundsätzlich? Es kann ein falsches Mikrofon oder ein fehlender Equalizer (Entzerrer) oder ein falscher Abstand zum Mikrofon sein. Rückkopplungen sind heute problemlos vermeidbar, es sei denn, die Kirchengemeinde hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht.

Der Pfarrer übergibt dem Taufpaten für das Gebet das Mikrofon. Seine Worte bleiben ungehört, weil er das Mikrofon auf Hüfthöhe hält. Wie sieht der richtige Umgang mit diesem Gerät aus? So nah wie möglich ans Mikrofon! Man muss grundsätzlich unterscheiden zwischen einem dynamischen Mikrofon und einem Kondensatormikrofon. Bei ersterem muss man sehr nah ans Mikrofon gehen. Ungefähr 2 bis 3 Zentimeter. Bei zweiterem kann man 5 bis 10 cm entfernt sein. Wichtig ist: Immer direkt ins Mikrofon sprechen. Dies ist das „Sprachrohr“, durch das man die Menschen erreicht.

Wenn jetzt eine Gemeinde sagt: Wir wollen, dass sich die Übertragung in unserer Kirchengemeinde qualitativ verbessert und die Schwerhörigen besser hören können. Wo finden Sie Hilfe und kompetente Beratung? Es gibt Firmen mit Inhabern, die aus dem kirchlichen Umfeld stammen. Viele davon haben aktiv Musik gemacht und sozusagen am eigenen Leib die Risiken und Chancen kennengelernt, die sich in Punkto Akustik hinter den Kirchenmauern verbergen. Die besten Lösungen bieten die an, die in dem Metier zu Hause sind.

Könnte man Sie zur Beratung einladen? (lacht) Ich bin kein Geräteverkäufer. Ich stehe gerne zur Verfügung, wenn es um die Frage geht, wie jemand mit Hörbehinderung die Akustik im Raum der Kirche erlebt und empfindet und was man wie optimieren kann. Ich bedanke mich herzlich für das Gespräch.

Rüdiger Jope
ist Redakteur von 3E und MOVO. Er lebt mit seiner Familie in Wetter/Ruhr.

10 ultimative Energietipps für Gemeinden

Energiesparen will jeder – doch wo soll man anfangen? Oft sind es Kleinigkeiten, die schon große Erfolge bringen oder einen strukturierten Start ermöglichen. Hier „10 ultimative Energiespartipps“ aus der Praxis:

10 ultimative Energietipps für Gemeinden

1. Verschaffen Sie sich einen Überblick!

Es klingt wie eine Binsenweisheit, ist aber grundlegend: Ein grober Überblick welches Gebäude wie viel Energie verbraucht und wie hoch die Kosten sind. Die energieintensiven Gebäude fallen auf, bei diesen ist am ehesten mit spürbaren Ein-sparsummen zu rechnen. Ergänzen Sie diese Daten um erste Informationen, was an Sanierungen ansteht. Denn: Die meisten baulichen Einsparmaßnahmen lassen sich dann wirtschaftlich rechtfertigen, wenn sie sich mit sowieso anstehenden Sanierungen verbinden lassen.

2. Bilden Sie Kennwerte!

Große Gebäude verbrauchen auch viel Energie – aber ist es zu viel? Schwer zu sagen, daher hilft es Kennwerte zu bilden. Optimalerweise witterungsbereinigt, aber in einem ersten Schritt reicht es schon, den Verbrauch auf die beheizte Fläche zu beziehen und diesen Kenn wert mit den üblichen Kennwerten zu vergleichen. Es fallen die Gebäude auf, um die man sich kümmern sollte.

3. Machen Sie eine Gebäudebegehung!

Ja, man kennt seine Gebäude. Aber wenn man ehrlich ist, kennt man nur die Räume, in denen man sich häufiger aufhält. Und die waren schon immer so, wie sie sind. Der Kühlschrank steht schon immer vor der Heizung und das wird schon so richtig sein – ist es aber leider oft nicht. Gehen Sie daher ganz bewusst durch jeden (!) Raum des Gebäudes und schreiben Sie sich während der Begehung Auffälligkeiten und Verbesserungsideen auf. Lassen Sie dabei jede Idee zu – sortieren und gewichten kann man noch hinterher.

4. Sortieren Sie Kühlgeräte aus!

Kennen Sie die hemmungslose Vermehrung von Kühlgeräten? Man hat ein neues, energieeffizientes Gerät angeschafft, doch was macht man mit dem alten? Es funktioniert ja noch … Die Jugend kann es bestimmt gebrauchen! In der Summe sind vier, fünf oder sechs uralte Kühlschränke in Gemeindehäusern keine Seltenheit. In jedem steht eine einsame Flasche Ketchup und eine angebrochene Cola.

5. Beschriften Sie die Lichtschalter!

Montagabend – 20 Uhr: Chorprobe. Die Tür geht auf und als erstes wird das Licht eingeschaltet. Doch welchen Schalter soll man nehmen? Üblicherweise oben links, den drückt man aus Gewohnheit. Aber leider betätigt dieser Schalter das Licht für die Stehlampe oder die Bühne oder was auch immer, aber nicht das Licht, das man braucht. Also schaltet man weiter. Und weil der Mensch träge ist, lässt er das nicht benötigte Licht einfach leuchten … Ein grüner Klebepunkt auf dem Schalter, den man am meisten braucht, kann die Hand lenken. Schulen sparen so nachweislich um die 10 Prozent ihres Stromverbrauchs ein.

6. Warten Sie Ihr Heizungssystem!

Statten Sie ihrem Heizungskeller einen Besuch ab. Wenn Ihnen nach dem Öffnen der Tür subtropisches Klimaentgegenschlägt, verschleudern Sie in diesem Heizungskeller locker 15 Prozent des gesamten Wärmeverbrauches. Viel ist davon bei anstehenden Wartungsarbeiten vermeidbar. Zugegeben: Die Einsparung erfolgt nicht sofort, aber andererseits ist es wichtig, dem Heizungsbauer bei der nächsten Wartung möglichst früh auch den Auftrag zu geben, ungedämmte Leitungen oder Umwälzpumpen mit Dämmschalen zu versehen.

7. Überprüfen Sie die Heizzeiten!

Je nach Gebäudeart und -nutzung sowie Wärmedämmung und Speicherfähigkeit der Wände ist eine Heizenergieeinsparung von 5 bis über 10 Prozent ohne Komfortverzicht möglich, wenn die Raumtemperatur außerhalb der Nutzungszeiten abgesenkt wird. Entgegen dem hartnäckigen Gerücht benötigt man zum Aufheizen auch nicht mehr Energie, als vorher eingespart wurde. Voraussetzung ist allerdings, dass rechtzeitig wieder aufgeheizt wird und die abgesenkte Raumtemperatur nicht zu niedrig gewählt wird: Hier besteht die Gefahr, dass Feuchtigkeit in den Raumecken kondensiert und sich langfristig Schimmel bildet.

8. Legen Sie Schaltzeiten der Außen- beleuchtung fest!

Kommt man abends zum Gemeindehaus, freut man sich, dass das Licht an ist. Ebenso, wenn man wieder geht. Aber muss man deshalb das Gebäude die ganze Nacht hindurch illuminieren? Eine Zeitschaltuhr, die die Leuchtzeiten den Nutzungszeiten des Gebäudes anpasst, kann wertvolle Dienste leisten. Dies gilt insbesondere bei angestrahlten Kirchen: Auch wenn es schöne Gebäude sind, sinkt das Interesse an ihnen nach 22 Uhr und Nieselregen doch rapide.

9. Bereiten Sie Sanierungsmaßnahmen vor!

Der Heizungskessel geht grundsätzlich an dem Adventswochenende vor dem Chorkonzert kaputt. Natürlich wissen alle, dass der Kessel mittlerweile ein biblisches Alter erreicht hat und seinem Ableben entgegen geht. Trotzdem gibt es weder einen Sanierungsplan, noch ist die Investition im Jahresetat vorgesehen. Also wird die preiswerteste Lösung und die energiesparendste Variante eingebaut – ein Wechsel auf Erdgas und der Einsatz eines Brennwertkessels – ist für die nächsten 15-20 Jahre verpasst.

10. Suchen Sie sich Mitstreiter!

Warum sich immer alleine mühen? Besser ist es, sich mit anderen zusammenzutun! Wie wäre ein Informationsabend gemeinsam veranstaltet von der Jugend und dem Bauausschuss der Kirchengemeinde zum Thema „Klimaschutz in unserer Kirchengemeinde“? Auch andere Aktionen wie Autofasten oder ein Kindersachen-Flohmarkt sind tätiger Klimaschutz und schaffen ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit und energieeffizientes Handeln.


Dipl.-Ing.  Christian Dahm
ist Energieberater bei der EnergieAgentur.NRW und dort unter anderem Ansprechpartner für kirchliche und gemeinnützige Institutionen.

Die EnergieAgentur.NRW
Kirchliche  Institutionen  sind  eine  der größten  gesellschaftlichen  Gruppen überhaupt. Von ihr gehen wichtige Impulse in die Gesellschaft aus. Daher unterstützt die EnergieAgentur.NRW diese Gruppen, Verbände und Gemeinden mit  eigenen  besonderen  Informationsangeboten:  Internetportal  zur  Energieeffizienz  in  Kirchengemeinden:  www.energieagentur.nrw.de/kirche

– Leitfaden  „Energiesparen  in  Kirchengemeinden“ (ab Spätsommer im Buchhandel erhältlich)  
-E-Mail-Newsletter  mit  aktuellen Infos  zu  neuen  Broschüren,  Förderprogrammen  und  Projektideen  zur Energieeffizienz  in  der  Kirchengemeinde

 

Kindgerechte Gemeinderäume gestalten

So sollte eine Umgebung aussehen, in der sich kleine Leute wohlfühlen.

Der Kindergottesdienst beginnt. Es riecht ein bisschen muffig, und in der Ecke liegen noch Utensilien vom Bastelnachmittag der Frauenstunde. Die Wände hängen voll mit einem Projekt des biblischen Unterrichts. Von der Decke strahlen grelle Leuchtstofflampen, eine ist sogar kaputt und flackert vor sich hin. Und hier soll jetzt ein inspirierender Kindergottesdienst stattfinden? Schwer vorstellbar … Doch wie könnte er aussehen, der ideale Raum für Kinder? Bei dieser Überlegung spielt es gar keine große Rolle, ob man einen bestehenden Raum renoviert oder einen Neubau plant – die Grundüberlegungen sind bei allen Situationen die gleichen. Natürlich hat man bei einem Neubau die Möglichkeit, von Anfang an alles richtig zu machen, während man bei einem bestehenden Raum vielleicht mit Kompromissen leben muss. Trotzdem kann man oft schon mit wenig Aufwand große Effekte erzielen.

Kinder brauchen keine„Villa Kunterbunt“ mit möglichst vielen knalligen Farben!

Kinder brauchen keine„Villa Kunterbunt“ mit möglichst vielen knalligen Farben!

Tageslicht und künstliche Beleuchtung Der ideale Raum hat ausreichend Tageslicht und ist hell, ohne dass die Kinder geblendet werden. Die Fensterflächen sollten sich individuell verdunkeln lassen, um auch mal einen Beamer oder den guten alten Overheadprojektor benutzen zu können. An trüben Wintertagen wird man auch bei Tag auf künstliche Beleuchtung zurückgreifen müssen. Zum Geschichtenerzählen ist es toll, das Licht individuell dimmen zu können oder auf indirekte Lichtquellen zurückzugreifen, um eine gemütliche Stimmung zu erzeugen. Für Spiele muss der Raum hingegen gut ausgeleuchtet werden. Es sollte also eine gute Allgemeinbeleuchtung (meist durch Deckenleuchten) sowie mehrere indirekte Lichtquellen wie zum Beispiel einzelne Wandleuchten geben. Tisch und Stehleuchten sind weniger ideal, da sie bei Spielen oft Stolperfallen darstellen (Kabel!).

Wandgestaltung und Farbe Ein paar Eimer Farbe sind mit Sicherheit der schnellste Weg, um einem alten Raum zu neuem Glanz zu verhelfen. Mit Farben und Mustern lassen sich die Proportionen des Raumes verändern und optimieren. So bekommt ein riesiger Raum, in dem die Kinder sich leicht verloren vorkommen, durch dunkle, warme und satte Töne einen gemütlichen Höhlencharakter. Im Umkehrschluss können helle, leichte und kühle Farben einen Raum optisch weiten und vergrößern. Achtung: Kinder brauchen keine „Villa Kunterbunt“ mit möglichst vielen knalligen Farben! Eine solche Gestaltung verursacht im Gegenteil Unruhe und „erschlägt“ die Kinder förmlich. Gelb kann gerade für Räume mit wenig Tageslicht eine gute Wahl sein. Die Farbe sorgt für eine sonnige, behagliche Atmosphäre und hat zudem konzentrationsfördernde Eigenschaften. Auch Grün hat eine ähnliche Wirkung; zudem wird dieser Farbe eine beruhigende Ausstrahlung zugesprochen. Gerade bei Grün sollte man jedoch mit der Wahl der Nuance aufpassen – blaustichige Töne wirken sehr steril und erinnern im schlimmsten Fall an ein Krankenhaus. Rot strahlt sehr viel Wärme aus und kann eher träge Gruppen etwas in Schwung bringen; allerdings sollte Rot nur als Akzentfarbe eingesetzt werden und keinesfalls für einen ganzen Raum. In den meisten Baumärkten gibt es eine Fülle an Farbmustern, die man kostenlos mitnehmen kann. So kann man die unterschiedlichsten Kombinationen testen und auch im Raum direkt sehen, wie die Farbe an der ausgewählten Wand wirkt. Grundsätzlich ist Latexfarbe der normalen Dispersionsfarbe vorzuziehen, weil Verschmutzungen einfach abgewaschen werden können.

Pinund Magnetwände Bastelarbeiten, Gemälde, Deko oder die Anwesenheitslistet – Dinge zum Aufhängen gibt es immer. Eine einfache (vielleicht knallig lackierte) Metallplatte auf einer Unterkonstruktion aus Kanthölzern erfüllt diesen Zweck ganz wunderbar. Eine weitere schöne Möglichkeit ist Magnetfarbe: Sie wird großflächig auf die Wand aufgebracht und dann überstrichen, sodass die Wand erst auf den zweiten Blick als Magnetwand zu erkennen ist. Relativ neu ist auch eine Wandbeschichtung aus Linoleum (bulletin board von www.forbo-flooring.de), mit der man eine riesige Pinnwand gestalten kann.

Schiebeelemente Gerade wenn man den Raum mit anderen Gruppen teilt, können Schiebeelemente eine tolle Lösung sein. In „geschlossenem“ Zustand parken alle Wände voreinander, und nur die oberste ist zu sehen. An einer Schiene kann dann jede Gruppe „ihre“ Wand hervorziehen und in der Stunde nutzen. Verschiedene Oberflä chen vergrößern die Einsatzmöglichkeiten – eine für Magnete, eine weiß lackierte zum Einsatz mit Folienstiften, eine mit Tafellack zur Nutzung mit Kreide, eine mit Flanell zum Anbringen von Figuren … Der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt!

Tabea Theis
ist  Diplom-Ingenieurin  für  Innenarchitektur  und hat  jahrelange  Erfahrung  in  der  Gemeindearbeit mit  Kindern.  Sie  lebt  mit  ihrem  Mann  und  ihrer Tochter in Herborn.

„Man muss improvisieren können“ Zwischen Hochaltar und Hochdruckreiniger.

Hans-Jürgen Pulz-Kersebaum ist Küster. Sein Arbeitsplatz ist die romanische Basilika St. Reinoldi in Dortmund-mitte.

Als Gott den Küster schuf, musste er Überstunden machen, denn das Anforderungsprofil war umfangreich. So heißt es in einem unter Küstern gerne erzählten Witz. Nervenstark und belastbar sollte er sein, drei Augenpaare sowie sechs Paar Hände haben und in allen Handwerksberufen zu Hause sein. „So ungefähr“ bestätigt Hans-Jürgen Pulz-Kersebaum schmunzelnd. Der 54-Jährige spricht aus Erfahrung, denn er arbeitet Vollzeit als Küster in der Stadtkirche St. Reinoldi in Dortmund-Mitte.

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Stadtkirche St. Reinoldi in Dort- mund-Mitte

Manche denken immer noch, die Tätigkeit eines Küsters beschränke sich auf das Laubfegen vor der Kirche und die Begrüßung der Gottesdienstbesucher an der Kirchentür, erklärt Pulz-Kersebaum. „Dabei ist mein Beruf sehr vielfältig, was die einzelnen Aufgaben betrifft. Und genau das schätze ich so da ran. Lassen Sie uns in die Kirche gehen, ich zeig‘s Ihnen.“ So wie jetzt beginnt Pulz-Kersebaums Dienst jeden Morgen, nämlich mit dem Aufschließen der Kirche. Die Türen von St. Reinoldi sind an Wochentagen von 10 bis 18 Uhr geöffnet. An manchen Tagen kommen viele hundert Besucher, um das Innere der romanischen Basilika und seine wertvollen Kunstschätze aus dem 15. Jahrhundert zu betrachten – oder einfach nur abzuschalten. Dafür muss die Kirche vorbereitet werden, und die Koordination liegt in den Händen des Küsters: Kerzen anzünden, Teelichte bereitstellen, Lichtanlage überprüfen, Heizung anschalten, kleinere Reparaturen durchführen. Manchmal muss an der einen oder anderen Stelle noch gefegt werden. „Dafür haben wir zwar Reinigungskräfte, aber wenn es schnell gehen muss, erledige ich das selbst.“ In der Zwischenzeit wartet auch schon das Team in der angegliederten Wiedereintrittsstelle des Kirchenkreises auf seinen Kaffee. Ebenso das Seelsorgeteam, das viermal pro Woche in der Kirche Dienst tut.

Hight-Tech hinter der Holzklappe
Auch das Gelände rund um die Kirche kontrolliert Pulz-Kersebaum regelmäßig. Manchmal benötige er den Hochdruckreiniger, um den Dreck zu entfernen, sagt er. Dann stehen Einkäufe für die Gemeinde an, einmal pro Woche die ausführliche Dienstbesprechung. Dabei kommen auch die Gottesdienste zur Sprache, denn in die ist der Küster in verschiedenen Funktionen eingebunden. Neben der Begrüßung der Gottesdienstbesucher („Natürlich!“) ist er für den „guten Ton“ verantwortlich. Pulz-Kersebaum öffnet eine Holzklappe am hinteren Ende des Kirchenschiffes. Zum Vorschein kommt eine computergesteu erte Soundanlage. „Hier steuere ich die Mikrofone“, erklärt er. „Und auch die Glocken, zum Beispiel beim Vaterunser.“ Der Küster als Techniker. Darüber hinaus assistiert er beim Austeilen des Abendmahls, begleitet Taufen, Hochzeiten und auch Trauergottesdienste. Außerdem hilft er bei der Vorbereitung von Orgelvespern, Abendgebeten oder auch den Andachten („VierlSternStunden“) während der Adventszeit. Pulz-Kersebaum schließt die Tür zur Sakristei auf, bietet Kaffee an. Hier noch zehn Stühle stellen, dort einen Besucher begrüßen – hat ein Küster eigentlich irgendwann Feierabend? „Ja“, sagt er, fügt jedoch schmunzelnd hinzu: „Jein.“ Im Prinzip ist alles klar geregelt: „39 Stunden, verteilt auf sechs Tage. Am Montag habe ich frei.“ Meistens ist tatsächlich zwischen 18 und 19 Uhr Schluss. Meistens. „Wir haben hier in der Gemeinde zum Beispiel Mitarbeiter, die auf Honorarbasis Konzerte begleiten“, erklärt der Küster. „Die machen das klasse, haben aber natürlich nicht denselben Einblick wie ich ihn tagtäglich habe. Denen sage ich immer, sie sollen sich bei Problemen melden. Ich wohne nur zwei Haltestellen entfernt, bin in fünf Minuten hier. So halte ich das.“ Und wenn dann mal tatsächlich ein Scheinwerfer nicht funktioniert, dann fährt der 54-Jährige eben lieber schnell zur Kirche anstatt alles am Telefon zu erklären. Das komme selten vor, aber ab und zu schon. Wenn er Urlaub hat, vertreten ihn ebenfalls Honorarkräfte. „Das ist ein gutes Team“, betont der Küster. „Und falls es dann doch mal brenzlig wird, dafür habe ich mein Handy dabei.“ Manchmal verfluche er das Mobiltelefon aber auch: „Einige Handwerksfirmen rufen mich scheinbar be vorzugt montags an, also an meinem freien Tag.“

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Hans-Jürgen Pulz-Kersebaum

Touristen, Künstler, Amtsträger
Warum ist Pulz-Kersebaum Küster geworden? Er lehnt sich zurück. „Ich habe zunächst über 20 Jahre als Handwerker im Personennahverkehr gearbeitet. Rolltreppen und Aufzüge. Mit 40 habe ich mir dann gedacht: Bei Wind und Wetter immer draußen, das geht auf irgendwann schon auf die Knochen. An die Küsterei bin ich schließlich durch meine Frau gekommen. Sie leitet eine Kindertagesstätte hier in Dortmund, dort habe ich viel ehrenamtlich mitgeholfen. So entstand die Idee, noch einmal etwas völlig anderes anzufangen. Irgendwann wurde dann eine Küsterstelle im Dortmunder Westen frei, in Marten.“ Dort arbeitete Hans-Jürgen Pulz-Kersebaum zwölf Jahre, seit 2013 ist er in St. Reinoldi angestellt. Welche Voraussetzungen sollte man neben den genannten handwerklichen Fähigkeiten (eine entsprechende Ausbildung ist Pflicht) für die Küstertätigkeit mitbringen? Der 54-Jährige überlegt. „Man muss Improvisieren können. Sehr wichtig ist, dass man gut mit Menschen umgehen kann.“ In seinem Dienst kommt Pulz-Kersebaum mit verschiedensten Besuchern in Kontakt: Gottesdienstbesucher, Touristen, Künstler, kirchliche Amtsträger aber auch Politiker bis hin zum Bürgermeister. „Und alle wollen und sollen freundlich behandelt werden“, erklärt er. „Und zwar auch dann, wenn es gerade richtig stressig ist.“ Wie zum Beispiel Ostersonntag. Oder vor allem während der Weihnachtsfeiertage. „Heiligabend, das bedeutet vier Gottesdienste, 1.600 Gäste. Ein Gottesdienst ist vorbei, die Kirche gerade aufgeräumt und das Geld im Tresor, da stehen schon die nächsten Besucher vor der Tür. Da steht man durchgehend unter Strom. Wenn dann noch jemand umkippt, wie es 2014 tatsächlich geschehen ist … Zum Glück waren wir in diesem Augenblick zu zweit, sodass ich mich um die Einweisung der Sanitäter kümmern konnte“, erinnert sich Pulz-Kersebaum. Fingerspitzengefühl verlangt auch der Umgang mit den Bedürftigen und Obdachlosen, die regelmäßig in die Kirche kommen. „Solange sie sich ruhig verhalten, dürfen sie sich hier aufhalten und tagsüber auch auf den Bänken schlafen.“ Es klopft. Eine Besucherin hat eine Frage. Pulz-Kersebaum entschuldigt sich kurz, hört der Frau aufmerksam zu und schickt sie dann zur Kircheneintrittsstelle. Der Küster als Ansprechpartner. Er setzt sich wieder. Was sind die schönsten Erlebnisse im Dienst? „Letztes Jahr hat eine Pfadfindergruppe hier bei der Durchführung einer Veranstaltung geholfen, die haben gesagt: ‚2019 beim Kirchentag, da melden wir uns als Helfer für St. Reinoldi an, so eine tolle Atmosphäre gibt es nicht überall.‘ An solche Erlebnisse und Begegnungen erinnere ich mich gerne. Wenn die Besucher und mein Chef zufrieden waren.“ Und negative? Pulz-Kersebaum schüttelt den Kopf. Gar nichts? „Kleinigkeiten“, sagt er. „Nur Kleinigkeiten. Wenn zum Beispiel die Besucher nach den Gottesdiensten öfter mal die Gesangbücher oder Stuhlkissen wegräumen würden … Wenn man die nicht selbst einsammeln müsste, das wäre schon eine Erleichterung.“ Ist das Küsteramt für ihn eigentlich Berufung? „Nein, das wäre zu hoch gegriffen“, sagt Pulz-Kersebaum. „Aber der persönliche Glaube an Gott gehört für mich dazu. Küsterei ohne Glauben, das kann ich mir nicht vorstellen. Das passt nicht zusammen. Man muss inhaltlich dahinterstehen.“ Und drei Augenpaare haben? „Möglichst“, zwinkert Pulz-Kersebaum. „Und sechs Paar Hände. Zumindest an Weihnachten.“

Daniel Wildraut
ist Online-Redakteur beim SCM Bundes-Verlag und lebt mit seiner Familie in Witten an der Ruhr.

KNOW-HOW GEMEINDEBAU „Erst die Vision, dann das Gebäude“
Wenn Kirchengebäude erweitert, verkleinert oder ganz neu gebaut werden sollen, stehen die Verantwortlichen vor vielen Fragen. Daniel Kurzius begleitet Gemeinden von der Ideenphase bis zur Fertigstellung des Baus.

daniel_kurziusHerr Kurzius, in welchem Stadium kommen Gemeinden typischerweise auf Sie zu?
Oft kommen Gemeinden auf mich zu, nachdem sie einen Bedarfsplan erstellt haben. Dann geht es zentral um die Kosten, damit die Gemeinde abstimmen kann, ob sie sich ihre Vorstellungen leisten kann. Wir stellen oft fest, dass die Ideen nicht zu dem Kostenrahmen passen. Wir wollen Gemeinden ganzheitlich beraten und ein Gebäude planen und realisieren, das zu ihrer Vision passt. Hier setzen wir an.

Sie kommen erst mal zu einem Beratungsgespräch?
Genau. Wir bieten an, mit den Verantwortlichen in einem Workshop, ihre Bedarfsliste zu hinterfragen. Dann kann die Entwicklung in zwei Richtungen stattfinden: der Bedarf kann größer oder kleiner werden. Beides haben wir erlebt. Ein zweiter Punkt: Bei den Kosten wird oft stark unterschätzt, dass es nicht nur um die Gebäudehülle geht. Die Einrichtungskosten wie Veranstaltungstechnik, Tische, Stühle, Kücheneinrichtung werden am Anfang oft nicht bedacht. Ebenso die Kosten für das Grundstück, wie Baugrundkosten und Gebühren. Wir sehen uns in dieser Entwicklungsphase als Ideengeber und Begleiter der Gemeinden.

In manchen Gemeinden sind Entscheidungsprozesse extrem kompliziert und langwierig. Wie können Sie helfen?
Erstens geben wir einen Überblick über den gesamten Prozess – von den ersten Ideen bis dahin, was hinterher alles in das Grundstück einbezogen werden kann. Zweitens holen wir den Bauausschuss und das Team immer wieder aus dem ‚Klein-klein’, wenn es gilt, größere Entscheidungen zu treffen und darüber nachzudenken. Wir helfen ihnen, sich in der Entwicklungsphase auf das Wesentliche zu fokussieren und die Details wie Bodenbeläge oder die Auswahl der Stühle auf einen „Parkplatz“ zu schreiben – sie nicht zu vergessen, aber zu verschieben. Oft ist noch keine Grundsatzentscheidung über ‚bauen oder nicht bauen’ gefällt worden und Gemeinden verstricken sich in Abstimmungsprozesse über den Innenausbau, obwohl das Gebäude noch nicht geplant wurde. Und ganz wichtig ist die Kommunikation in der Gemeinde. Aus meiner Perspektive ist das Bauen nur eine Ressource, um das Reich Gottes zu bauen. Letztendlich geht es darum, die Mittel zur Verfügung zu stellen, damit Gemeindearbeit und -leben stattfinden kann. Es ist sinnvoll, erst mutig die Vision zu suchen und zu überlegen, wo die Gemeinde hin will und welchen Auftrag sie von Gott hat, und im zweiten Schritt zu überlegen, welche Räumlichkeiten sie zur Umsetzung braucht. Das muss nicht gleich der große Neubau sein, manchmal ist das Anmieten oder Kaufen einer bestehenden Immobilie sinnvoller.

Welche Expertise sollte auf Seiten der Gemeinde vorhanden sein?
Wir erleben unterschiedliche Konstellationen. Zum einen Bauausschüsse, in denen viele Experten sitzen, zum Beispiel Bauingenieure, Techniker und Handwerker. Sie haben den großen Vorteil, dass sie Arbeitsschritte in Eigenleistung durchführen können. Aber sie verstricken sich auch schnell in Fachgespräche und Detailfragen. Zum anderen arbeiten wir mit Arbeitskreisen, in denen keine Bauexperten sitzen, aber die Mitglieder hohe Kompetenzen im Projektmanagement aufweisen. Diese Projekte laufen sehr gut, weil sie den Prozess gut steuern können. Das sehe ich tatsächlich als wichtigste Aufgabe eines Bauausschusses: nicht die Baudetails zu klären, sondern das Projekt zu steuern, um zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Entscheidungen zu treffen und alle Beteiligten, wie die Gemeindeleitung und Mitglieder der Gemeinde, im Prozess mitzunehmen.

Mancher Pastor hat die Befürchtung, dass ihn so ein Bau viel Arbeits- und Lebenszeit kostet.
Die Bedenken kann ich verstehen. Doch in meinen Augen ist er primär für die Vision und die Entwicklung der Gemeinde verantwortlich. Da das Gebäude eine Ressource und damit eine Basis, ein Element für diese Entwicklung darstellt, ist es wichtig, dass er in dem Prozess stark involviert ist – in der Fragestellung, wie das große Ganze funktionieren kann. Für mich muss der Pastor aber nicht zwingend Teil des Bauausschusses sein. Andere Gemeindemitglieder können diese Rolle einnehmen.

Was muss eine Gemeinde beachten, die viel in Eigenleistung erbringen will?
Ein Gemeindehaus in Eigenleistung zu schaffen, schweißt zusammen, ein Ruck geht durch die Gemeinde, denn sie machen es zu ihrem Projekt. Es besteht aber auch die Gefahr, dass sich eine Gemeinde übernimmt, vielleicht sogar ausbrennt und unter dieser Last zerbricht. Dann ist das Projekt geschafft, aber alle sind mit ihren Kapazitäten am Ende. Darum gilt es, den Umfang der Eigenleistung stark abzuwägen. Oft erleben wir anfänglich eine große Euphorie. Dann erstellen wir, bevor das Bauprojekt losgeht, eine Liste. Dort wird festgehalten, wer sich wie viele Stunden in der Woche engagieren möchte und welche Tätigkeit übernehmen kann, um Verbindlichkeit zu schaffen. Häufig wird die Euphorie kleiner, wenn man sich ein Jahr lang für gewisse Zeiten verpflich ten muss. Es ist wichtig, die Gedanken ernst zu nehmen, aber sie sofort auch runterzubrechen und zu fragen, wie das konkret aussieht.

An welcher Stelle können Gemeinden beim Bau sparen?
Wir machen die Erfahrung, dass Gemeinden die Entwicklungsphase selbst durchführen oder am liebsten gleich zur konkreten Planung übergehen. Dieser erste Schritt in der Visionsund Strategieentwicklung inklusive Bedarfsanalyse ist aber extrem wichtig bei einem Bauprojekt. In dieser Phase können Bauherren noch am stärksten beeinflus sen, welche Kosten anfallen werden. Es macht zum Beispiel einen gravierenden Unterschied, ob man ein Gemeindehaus für 100 oder 200 Personen realisieren möchte. Eine professionelle Beratung macht sich bezahlt, denn je weiter der Prozess fortgeschritten ist, umso geringer sind die Einsparmöglichkeiten.

In der Ausführungsphase kann man dann also nicht mehr so viel sparen?
Ist das Gebäude geplant, sind die Einsparmöglichkeiten in der Ausführung sehr gering. Der Hebel bei der Bedarfsanalyse ist jedoch enorm. Wir haben Projekte, bei denen wir die Kosten in der Entwicklungsphase verdoppelt oder halbiert haben. Dabei geht es manchmal sogar um sechsstellige Beträge, wie zum Beispiel neulich bei einem Visionsworkshop, bei dem wir über den Raumbedarf und den Nutzen eines konkreten Gemeinschaftsraums sprachen. Als ich die Kosten von rund 200.000 € in die Diskussion einbrachte, konnte der Ausschuss konkreter debattieren, ob ein solcher Raum tatsächlich gebraucht wird. Am Ende hat sich die Gemeinde – trotz der Kosten – für die Realisierung entschieden, weil er für ihr Gemeindeleben sehr wichtig ist.

Ihr Tipp für Gemeinden, die über Baumaßnahmen nachdenken?
Wie bereits erwähnt sehe ich die Visions und Strategieentwicklung als entscheidenden Punkt bei einem Bauprojekt. Hier sollte sich die Gemeinde fragen, was ihr Auftrag ist. Während dieser Phase oder direkt im Anschluss sollten externe Fachleute hinzugezogen werden. In meinen Workshops sage ich am Anfang oft, dass ich mir rausnehme, kritisch zu sein und unangenehme Fragen zu stellen. Ich will einen Perspektivwechsel erreichen, damit Gemeinden sich tiefgehend mit ihrer Berufung auseinandersetzen, darauf ihren Bedarf formulieren und wir gemeinsam ein Gebäude entwickeln, damit die Vision und Berufung langfristig gelebt werden kann.

Das Gespräch führte Christof Klenk
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