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Was uns bewegt

von Ansgar Hörsting

 

Seit einigen Wochen spreche ich in Gemeinden immer wieder einmal über die Leitsätze, die unser Leben bestimmen. Oft unbewusst, aber doch sehr wirksam. Oder Leitsätze, die wir über unsere Gemeinden stellen. Sie wirken wie Überschriften über einem Zeitungsartikel. Sie bestimmen darüber, was wir als Hauptnachricht mitnehmen werden, egal, was im Artikel selbst steht.

Irgendwo haben wir sie gelernt. Irgendwann haben sie sich uns tief eingeprägt, die Leitsätze unseres Lebens. So wie diese: „Aus dir wird nie etwas.“ − „Was sollen die Leute denken?“ − „Eigentlich solltest du gar nicht geboren werden.“ Solche Leitsätze können eine Macht ausüben und uns sogar zerstören. Es gibt auch diese hier: „Egal was passiert: Wir stehen immer zu dir.“ oder „Du darfst alles, du darfst dich nur nicht erwischen lassen.“

Bei mir kamen später andere Sätze hinzu: „Weil es dir gut geht, geht es anderen Menschen auf der Welt schlecht.“ − „Denke an die hungernden Kinder in Afrika und iss deinen Teller leer“ − „Pass immer auf deine Sachen auf!“

 

Fromme Leitsätze

Andere erzählten mir von frommen Leitsätzen: „Pass auf, kleines Auge, was du siehst!“ − „Lieber Gott, mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm.“ Viele haben das als Druck empfunden und Gott als Aufpasser erlebt. Nicht alle jedoch! Denn solche Sätze wirken immer im Gesamtbild der Herkunftsfamilie und der Verlässlichkeit und Liebe, die dort herrschen.

Es gibt hilfreiche und lähmende Leitsätze. Und oft ist einem gar nicht bewusst, welche Sätze wirklich leiten. Es kann sein, dass man zwar ein Lebensmotto haben möchte, aber tief drinnen wird man von einem ganz anderen regiert.

Ich bekomme viel Resonanz auf meine Predigten, wenn ich auf die Leitsätze zu sprechen komme. Wir verlieren viel Lebenskraft durch schlechte Leitsätze. Ich bin überzeugt: Satan kann uns durch seine Lügen verführen. Er liebt es, Menschen mit lügenhaften Leitsätzen zu quälen.

 

Das sagt Gott

Deswegen ist es eine entscheidende Frage, was Gott eigentlich über unser Leben sagt. Ich bin überzeugt, dass die Antwort darauf immer zwei Aspekte hat. Der eine ist negativ. Gott sieht unser Leben, wie es ohne ihn aussieht: verloren, abgeschnitten vom Leben, in Schuld verwickelt, in Lügen verstrickt. Beladen mit Sorgen, mit Bitterkeit, mit eigener Schuld oder auch der Schuld anderer. „Der Lohn der Sünde ist der Tod.“, diagnostiziert die Bibel (Röm 6,23). Es nützt nichts, diese Wahrheit zu leugnen, denn wer sie leugnet, kann ihr nicht begegnen.

Aber als Lebensmotto, als Leitsatz, taugt dieser Aspekt nicht. Dafür müssen wir uns den zweiten Aspekt ansehen, die Wahrheit, die Gott in Jesus über uns ausspricht. Zum Beispiel diese hier: „Nichts kann uns trennen von der Liebe Gottes, die in Jesus Christus ist.“ (Röm 8,38f) oder: „Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ (Jes 43,1). In Jesus hat Gott uns alles geschenkt (Röm 8,32). Er macht unsere Leben reich. Nicht durch unser Tun, sondern durch Gott allein können wir leben. „Gott hat uns nicht einen Geist der Furchtsamkeit gegeben, sondern der Kraft der Liebe und der Besonnenheit.“ (2. Tim 1,7). Das sind Leitbilder, die uns lebenstauglich machen.

 

Bewegt von Gottes Liebe

Dieses Prinzip betrifft auch Gemeinden. Wir sehen sie häufig mit negativen Vorzeichen: Wir sehen die Fehler, die problematischen Leute, die Streitereien. Und keine Frage, das alles gibt es ja auch. Aber wenn uns das leitet, dann werden wir irgendwann der Gemeinde Jesu den Rücken zuwenden.

Gemeinden geben sich häufig Leitbilder. Drucken diese vierfarbig in unsere Veröffentlichungen oder schreiben es auf Leinwände. Aber es kommt darauf an, dass diese Leitbilder in unsere Herzen geschrieben werden. Dazu braucht es die ständige Erinnerung und positive Erfahrungen. Dann wird ein Leitbild zu dem, was es sein soll: Es leitet unser Denken, Fühlen und Handeln. Es ist die Überschrift über unser Tun und Lassen. In diesem Sinne: „Bewegt von Gottes Liebe bauen wir lebendige Gemeinden.“

 

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Jesus, meine Zuversicht

Von Ansgar Hörsting

Das wohl dominanteste Lebensgefühl heutiger Zeit ist das der „Unsicherheit“.

Dafür gibt es viele Gründe: IS-Attentate, Diebstähle, Währungskrisen, Niedrigzinsphase, Altersarmut, demographischer Wandel – um nur einige zu nennen. Und dann bringen uns das Internet und die Nachrichten auch noch jedes Geschehen in Echtzeit direkt ins Wohnzimmer. Aber es gibt darüber hinaus eine Unsicherheit, die tiefer begründet ist, im Denken und Lebensgefühl des modernen oder postmodernen Menschen. Ihm geht jede Gewissheit verloren. Wir können heute nichts mit Sicherheit wissen. „Wissenschaft ist der aktuelle Stand des Irrtums“, sagen manche. Deswegen weiß der Mensch nicht, wer er ist und was wirklich verlässlich ist. Ganz extreme Leute sagen: Vielleicht ist alles, was wir sehen, hören und riechen eine einzige Sinnestäuschung und eigentlich sind wir Wesen, die irgendwo an Schläuchen hängen und unsere Hirnströme täuschen uns unsere Welt nur vor. Manche sind davon wirklich überzeugt. Und davon, dass wir eigentlich von Reptilien beherrscht werden, die im Hintergrund die Fäden ziehen. Sachen gibt’s. Schließlich: Ehe, Staat, Konventionen, Werte, das seien alles nur Konstruktionen der Mächtigen, um den Menschen am Laufen zu halten. Weg damit! Und nun weiß keiner mehr Bescheid.

 

Populismus und Fundamentalismus

Zu diesem Lebensgefühl gibt es Reaktionen und Gegentrends. Eine Reaktion auf diese Unsicherheit ist, so sagt man heute, der Populismus. Das sind Schwarz-Weiß-Antworten, an denen man sich leicht orientieren kann. Eine andere Reaktion ist der Fundamentalismus, sagen andere. Fundamentalisten seien müde, ob all der ungeklärten Fragen und ziehen sich zurück auf ihr Glaubenssystem, auf ihre nicht mehr hinterfragbaren Fundamente. Wieder andere reagieren mit Verschwörungstheorien. „Postfaktisch“  ist das Wort des Jahres 2016. Fakten werden ignoriert. Sie spielen keine Rolle. Die Lügen-Posts auf Facebook setzen sich durch. Wobei ich mich wundere, dass sich viele darüber so wundern. Denn gelogen wurde schon immer, Fakten wurden immer zurechtgebogen. Es ist noch fast jeder Krieg mit einer Lüge begründet worden. Und überhaupt: Wenn lange genug gesagt wird, es gebe ja gar nicht „die Wahrheit“ und alles sei Interpretationssache, dann ruft man eben alle möglichen Interpretatoren auf den Plan. Fakten braucht dann kein Mensch mehr, da es die sowieso nicht gebe, wie wir es lange gehört haben.

So kann man unsere Zeit beschreiben. Und auch wenn es nicht für jeden und immer zutrifft, insgesamt gilt: Unsicherheit und ihre Gegentrends sind ganz hoch im Kurs. Und deswegen hat auch das Lebensgefühl der Angst Hochkonjunktur. Keiner weiß mehr genau Bescheid über Wahrheit, über Zukunft, über Frieden, über Politik, über Gewissheiten, und über Gott sowieso nicht. Das macht Angst.

 

Jesus, egal was kommt

2017 ist das Jahr des Reformationsjubiläums. Die Evangelischen haben das Thema entdeckt und begreifen es als Chance. Sie sagen: Wir haben etwas, oder besser jemanden, der sicher ist, der Gewissheit schenkt, zuverlässig und treu ist: Jesus Christus. Und ja, da bin ich dabei! Ich bin überzeugt, dass wir ein Angebot haben, das sehr hohen „Marktwert“ hat: ein sicheres Fundament unseres Lebens, eine gute Orientierung für unsere Fragen, eine letzte Sicherheit in Tod und Leben und Gewissheit, weil wir als Jesus-Nachfolger nicht uns selbst gehören, sondern ihm: Jesus, meine Zuversicht. Und deswegen finde ich die Bezeichnung „Christusfest“ für dieses Jubiläumsjahr sehr gut. Da mache ich mit.

Eine Frage müssen wir dennoch klären. Wenn wir Jesus als diesen Fixpunkt haben, wer sagt uns mit Gewissheit etwas über ihn? Woher haben wir Informationen, auf die wir uns verlassen können? Es ist die Bibel, das Wort Gottes. Sie bezeugt, wer er ist, was er gesagt hat, wer er sein wird und was kommen wird. Ohne diesen Bezug zur Bibel als das Wort Gottes, werden wir keine Sicherheit haben und bieten können. Manche Reformationsjubiläumseuphorie wird versanden, weil das reformatorische „sola scriptura“ müde belächelt wird. Natürlich beten wir Gott an, nicht die Bibel! Und ganz sicher ist das Wort Gottes zugleich Menschenwort, also nicht vom Himmel gefallen, sondern durchzogen von menschlichen Perspektiven. Aber eben darin offenbart sich Gott. Bis heute. Wir beten den Gott an, der sich in der Bibel bekannt macht und wir beten ihn durch Jesus an, von dem wir in der Bibel erfahren. Wie gut, sie zu haben, egal was kommt.

 

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Fairness hat einen Preis

Von Ansgar Hörsting

Wir suchten gar nicht danach, aber im Schaufenster hingen besondere Kleider. Echte Hingucker. Dafür sind Schaufenster ja da, dass sie Kunden anlocken. Das war also schon mal gelungen. Meine Frau probierte einige Kleider an, aber eins hat es uns besonders angetan. Manchmal, bevor wir kaufen, gehen wir gerne noch mal einen Kaffee trinken. Das wollten wir auch in diesem Fall tun. Ich fragte die Verkäuferin, die zugleich die Inhaberin war, ob ich ein Foto machen dürfe, damit wir uns das noch mal ansehen könnten. Sie bat darum, nicht zu fotografieren. Weil, das schob sie sofort nach, weil manche Leute im Geschäft die Kleidungsstücke anprobieren, ein Foto davon machen, um sie dann im Internet für fünf oder zehn Prozent – oder wieviel auch immer – günstiger zu kaufen. Ich war sprachlos. Das ist wirklich dreist. Es war mir schon peinlich, dass ich ein Foto machen wollte und mich diesem Verdacht aussetzte. Diese Art der Schnäppchenjägerei macht die Geschäfte kaputt, in denen man noch anprobieren kann und gut beraten wird – wie in diesem Fall. Hauptsache günstig. Das ist der alleinige Maßstab für manche.

 

Ich bin nicht Krösus

Ganz klar, ich kaufe auch im Internet. Ich mag es auch, Sachen günstiger zu kaufen. Manchmal warte ich sogar drauf, dass etwas günstiger wird. Ich bin ja nicht Krösus. Geld sparen und es dann für etwas anderes zu haben, kann Spaß machen. Und nur so kann mancher private Haushalt über jeden Monat gebracht werden. Aber den Service von jemandem in Anspruch zu nehmen, um dann systematisch woanders zu kaufen, um Geld zu sparen? Nein. Es gibt sogar Fälle, da kaufe ich etwas, obwohl es teurer ist, nur weil das Verkaufspersonal extrem nett ist. Ich finde manchmal, das muss belohnt werden.

 

Fragwürdige Praxis

Wenige Tage nach diesem Erlebnis berichtet mir Volkmar Birx, der Vorstandssprecher unserer Spar- und Kreditbank in Witten, dass es in letzter Zeit mehrfach vorgekommen sei, dass eine Gemeinde seine Beratung für den Bau eines Gemeindehauses, die Finanzierung und auch den ganzen Prozess der Entscheidungsfindung in Anspruch genommen, dann aber bei einer anderen Bank den Kredit aufgenommen habe. Sicher, in der momentanen Niedrigzinsphase hat sich das Kreditgeschäft verändert. Sicher, eine Ortsgemeinde muss mit ihren Spendengeldern verantwortlich umgehen und das heißt: sparsam. Aber die gemeinten Gemeinden haben sich noch nicht mal gemeldet, haben nicht mal ein neues Angebot erfragt,  sondern sind wortlos weitergezogen. Der Dienst wurde gerne in Anspruch genommen. Das Geschäft machte jemand anderes. Das ist nicht verboten. Aber ist es richtig?

 

Ist das noch fair?

Man sagt uns Deutschen nach, wir seien Weltmeister im Schnäppchenjagen. Das mag ja sein – aber lassen wir es nicht so weit kommen, dass vor lauter Sparsamkeit die Fairness auf der Strecke bleibt. Denn das ist dann nicht mehr Sparsamkeit, sondern Geiz oder Unfairness. Mir ist bewusst, dass das – wie vieles im Leben – eine Gratwanderung ist. Ich bin aber sicher, dass bei diesem Balanceakt hilft, was Jesus sagte: „Behandelt eure Mitmenschen in allem so, wie ihr selbst von ihnen behandelt werden wollt. Das ist es, was das Gesetz und die Propheten fordern.“ (Mt 7,12, NGÜ).

Denn wir wollen alle fair behandelt werden. Möglicherweise gehen unsere Empfindungen und Überzeugungen darüber, was fair ist, auseinander, aber manchmal ist Fairness oder Unfairness offensichtlich. Übrigens: Unfaires Verhalten kann rechtlich gesehen in Ordnung sein.

Wenn ich das hier so schreibe, könnte der Eindruck entstehen, als handele ich immer nach diesem Maßstab. Nein, ich tue es wahrscheinlich nicht. Und mir kommen plötzlich die Bilder von den Kindern in den Sinn, die auf kongolesischen Minen arbeiten, um das Erz Koltan abzubauen, das chinesische Händler kaufen, um es weiter zu verkaufen, damit es in den Akku kommt, der in meinem Smartphone steckt. Mir wird schlecht  bei diesem Gedanken. Es gibt alternative Produkte. Ich muss mich mal drum kümmern. Dafür war ich aber bisher zu faul und außerdem bin ich extrem wenig technikinteressiert. Ich bin froh, wenn solch ein Ding läuft und verlasse mich auf Experten. Oder sind das nur Ausreden? Bin ich letztlich doch gleichgültig? Verhalte ich mich nach Jesu Wort? Ich fürchte nicht.

Dieser Kommentar erschien im Magazin Christsein Heute.

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